Neue Entfernungspauschale ab 2026: Auswirkungen auf die Entgeltabrechnung

Laut dem geplanten Steueränderungsgesetz 2025 soll die Entfernungspauschale per 2026 bereits ab dem ersten Kilometer 38 Cent betragen. Das hat nicht nur Bedeutung für die Steuererklärung, sondern auch im Lohnsteuerverfahren auf Arbeitgeberseite.

Der „Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 2025“ ist im Gesetzgebungsverfahren in Bundestag und Bundesrat. Mit einer Verabschiedung ist noch vor dem Jahresende 2025 zu rechnen. Mit dem Gesetz sollen mehrere Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung bzw. aus dem am 28. Mai 2025 vom Koalitionsausschuss beschlossenen „Sofortprogramm für Deutschland“ umgesetzt werden.

Enthalten ist unter anderem die Anhebung der Entfernungspauschale. Sie wird zum 1. Januar 2026 einheitlich auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer erhöht (§ 9 Abs. 1 Satz 3 EStG). Bisher gilt dieser Satz erst ab dem 21. Kilometer. Darunter gibt es nur 0,30 Euro je Entfernungskilometer.

Neue Entfernungspauschale: Auswirkungen in der Steuererklärung

Die Entlastung wirkt sich vor allem bei der Steuererklärung von Arbeitnehmenden aus. Unter der Voraussetzung, dass die übrigen Werbungskosten bereits den Arbeitnehmerpauschbetrag überschreiten, ergeben sich bei einem Arbeitsweg von 10 Kilometern und einer Fünftagewoche 176 Euro jährliche zusätzliche Werbungskosten. Bei 20 und mehr Kilometern werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit 352 Euro zusätzlichen Werbungskosten jährlich begünstigt. Die Steuerentlastung erreicht in diesen Fällen regelmäßig den dreistelligen Bereich.

Die neue Entfernungspauschale gilt weiterhin für jeden vollen Entfernungskilometer (also nur einfach für Hin- und Rückweg) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Sie greift unabhängig von tatsächlichen Aufwendungen und Verkehrsmittel – gilt also auch für Fußgänger, Radfahrer sowie bei Nutzung des Deutschlandtickets. Die Pauschale kann für die Wege zur selben ersten Tätigkeitsstätte pro Arbeitstag nur einmal angesetzt werden. Für die Berechnung der Entfernungspauschale ist auf die kürzeste Straßenverbindung abzustellen. Durch sie sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind. Die anzusetzende Entfernungspauschale ist grundsätzlich auf einen unveränderten Höchstbetrag von 4.500 Euro im Kalenderjahr begrenzt.

Zu weiteren Einzelheiten vgl. „Entfernungspauschalen-Erlass“ der Finanzverwaltung (  BMF, Schreiben vom 18. November 2021 – IV C 5 – S 2351/20/10001 :002), der – mit Ausnahme der überholten Pauschalen-Beträge – weiterhin Gültigkeit hat.

Arbeitgebererstattungen für Fahrten zur Arbeit

Steuerfreie Arbeitgebererstattungen für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte sind grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahme bildet ein steuerfreies Job-Ticket (§ 3 Nr. 15 EStG). Allerdings ist in vielen Fällen eine sozialversicherungsfreie Pauschalbesteuerung möglich, bei der die Entfernungspauschale wieder ins Spiel kommt.

Hinweis: Liegt keine erste Tätigkeitsstätte vor, sind die tatsächlichen Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit abzugsfähig. Sie können bei Nutzung eines Kfz mit 0,30 Euro je gefahrenen Kilometer (und damit für Hin- und Rückfahrt in Höhe von 0,60 Euro) als Werbungskosten angesetzt oder vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt werden. Diese Beträge bleiben 2026 unverändert.

Neue Entfernungspauschale: Fahrtkostenzuschuss ab 2026

Der Ersatz der Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit dem eigenen Pkw stellt grundsätzlich steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Die Lohnsteuer für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistete Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Barzuschüsse) kann mit 15 Prozent pauschal erhoben werden (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG).

Die Pauschalversteuerung ist aber nur bis zu dem Betrag zulässig, den der oder die Beschäftigte als Werbungskosten geltend machen könnte, wenn die Bezüge nicht pauschal besteuert würden, also in Höhe der Entfernungspauschale. Maßgebend ist auch hier die kürzeste Straßenverbindung. Aus Vereinfachungsgründen kann der Arbeitgeber von 15 Tagen monatlich bzw. 180 Tagen im Jahr ausgehen.

Beispiel 1: Fahrtkostenzuschuss

Eine Beschäftigte (Vollzeit) wohnt 36 km von der ersten Tätigkeitsstätte entfernt und sucht diese arbeitstäglich mit ihrem Pkw auf. 2026 kann ein pauschalbesteuerter Fahrtkostenzuschuss in folgender Höhe gewährt werden:

Beispiel 1: Fahrtkostenzuschuss
180 Arbeitstage × 36 Kilometer × 0,38 Euro  =  2.462,40 Euro  

Tipp: Die zur Vereinfachung angenommenen 180 Tage pro Jahr bzw. 15 Tage pro Monat gehen von einer Fünftagewoche mit Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte aus. Die Anzahl der Fahrten vermindert sich verhältnismäßig, wenn Beschäftigte typischerweise an weniger als fünf Arbeitstagen in der Kalenderwoche dort beruflich tätig werden (z. B. wegen Teilzeit oder Homeoffice).

Fahrten mit dem Dienstwagen

Die Gestellung eines Dienstwagens für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte stellt grundsätzlich steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Bei Anwendung der Ein-Prozent-Regelung für die Privatnutzung ist diese Nutzungsmöglichkeit zusätzlich grundsätzlich monatlich mit 0,03 Prozent des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zu bewerten. Der für den Vorteil aus der Gestellung des Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte anzusetzende Arbeitslohn kann ebenfalls mit 15 Prozent pauschaliert werden (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG). Allerdings ist die Pauschalierung auch hier nur bis zur Höhe der Entfernungspauschale möglich.

Beispiel 2: Dienstwagen

Ein Mitarbeiter (Vollzeit, kein Homeoffice) nutzt 2026 für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen vom Arbeitgeber unentgeltlich überlassenen Firmenwagen (kein E-Auto), Bruttolistenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung 40.000 Euro. Die einfache Entfernung beträgt 25 km.

Beispiel 2: Dienstwagen
Monatlich zu versteuernder geldwerter Vorteil
für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte  25 km x 0,03 % x 40.000 Euro
=  300,00 Euro 
Entfernungspauschale
0,38 Euro x 25 km x 15 Tage
= 142,50 Euro

Der Arbeitgeber kann den geldwerten Vorteil in Höhe von 142,50 Euro mit 15 Prozent pauschal besteuern. Der Rest in Höhe von 157,50 Euro ist regulär steuer- und sozialversicherungspflichtig.

Tipp: Der pauschal besteuerte Arbeitslohn ist in beiden Fällen (Fahrtkostenersatz und Dienstwagen) in der Lohnsteuerbescheinigung unter Nr. 18 einzutragen und wird auf die Abzugsmöglichkeiten des Mitarbeiters in der Steuererklärung angerechnet. Wenn also der Arbeitgeber pauschaliert, kann insoweit die Entfernungspauschale in der Steuererklärung nicht nochmals abgezogen werden.

Doppelte Haushaltsführung

Die Erhöhung der Entfernungspauschale gilt auch für Familienheimfahrten bei einer doppelten Haushaltsführung entsprechend (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin außerhalb des Orts, an dem er oder sie einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG). Steuerlich abzugsfähig sind neben den Unterkunftskosten u.a. die Kosten für wöchentliche Familienheimfahrten in Höhe der Entfernungspauschale. Alternativ zum Werbungskostenabzug in der Steuererklärung kann der Arbeitgeber diese Aufwendungen steuerfrei vergüten.

Eine Begrenzung oder einen Höchstbetrag gibt es für Familienheimfahrten nicht. Auch Sozialversicherungsbeiträge fallen nicht an. Die Erstattung ist allerdings grundsätzlich in der Lohnsteuerbescheinigung einzutragen (Nr. 21). Der oder die Beschäftigte kann für die Fahrten keine Kosten mehr im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung geltend machen.

Beispiel 3: Doppelte Haushaltsführung

Eine Beschäftige wohnt in Düsseldorf und führt einen doppelten Haushalt in München. 2026 fährt sie an 44 Wochenenden die Strecke von 630 km nach Düsseldorf und am Sonntagabend wieder zurück nach München. Folgende Aufwendungen können steuerfrei ersetzt werden:

Beispiel 3: Doppelte Haushaltsführung
44 Fahrten x 630 Kilometer x 0,38 Euro   = 10.553,60 Euro  

Leistet der Arbeitgeber keinen oder nur anteiligen Ersatz, können die (restlichen) Aufwendungen in der Steuererklärung geltend gemacht werden.

Wann Urlaubsverfall und Urlaubsübertragung möglich sind

Resturlaub müssen Beschäftigte bis zum Jahresende nehmen, sonst droht laut Bundesurlaubsgesetz der Urlaubsverfall. Ganz so einfach ist es jedoch nicht – denn Arbeitgeber haben Mitwirkungsobliegenheiten. Was ist beim Urlaubsverfall zu beachten? Und welche Gestaltungsmöglichkeiten gibt es bei der Urlaubsübertragung?

Ein Blick ins Bundesurlaubsgesetz (BurlG) reicht beim Thema Urlaubsverfall nicht mehr aus. Denn danach muss der Jahresurlaub von Beschäftigten grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden (§ 7 Abs. 3 BUrlG) – ansonsten verfällt er zum 31. Dezember. Nur unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Übertragung ins darauffolgende Jahr zulässig – und auch dann verfallen die restlichen Urlaubstage spätestens zum 31. März (§ 7 Abs. 3 S. 2 BurlG).

Nach mehreren wichtigen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Urlaubsverfall hat das BAG diese neuen Vorgaben in seiner Rechtsprechung umgesetzt. Für Arbeitgeber sind seither die Mitwirkungsobliegenheiten besonders relevant: Sie müssen Beschäftigte rechtzeitig auf den drohenden Urlaubsverfall hinweisen, ansonsten hat dies gravierende Folgen. Wann also verfällt der Urlaubsanspruch und wann ist eine Urlaubsübertragung möglich?

Urlaubsübertragung ins Folgejahr

Prinzipiell ist eine Urlaubsübertragung ins Folgejahr nur möglich, wenn dringende persönliche Gründe oder dringende betriebliche Gründe dies rechtfertigen. Im Fall einer Übertragung des Urlaubs auf das nächste Jahr, muss er in den ersten drei Monaten, also bis zum 31. März, genommen werden.

Dringende persönliche Gründe sind beispielsweise 

  • Arbeitsunfähigkeit, 
  • Erkrankung eines Angehörigen, der gepflegt werden muss 
  • oder die Erkrankung des Lebensgefährten, mit dem der Urlaub verbracht werden sollte. 

Dringende betriebliche Gründe können sein: 

  • termin- oder saisongebundene Aufträge,
  • technische oder verwaltungsmäßige Probleme im Betriebsablauf.

Urlaubsübertragung ins Folgejahr: mit Grund kein Antrag nötig

Wenn tatsächlich ein Übertragungsgrund besteht, verschiebt sich die zeitliche Grenze des Urlaubsanspruchs automatisch vom 31. Dezember eines Jahres auf den 31. März des Folgejahres. Ein Antrag ist also nicht nötig.

Urlaubsverfall zum Jahresende oder zum 31. März

Grundsätzlich verfällt Urlaub, der bis zum Jahresende oder bei möglicher Übertragung bis zum 31. März des darauffolgenden Jahres nicht genommen wird, nach dem BUrlG ersatzlos. Dies gilt jedoch nur noch eingeschränkt. Der gesetzliche (Mindest-)Urlaubsanspruch von Arbeitnehmenden kann nur noch unter sehr strengen Voraussetzungen verfallen. Dafür muss der Arbeitgeber nachweisen können, dass er seinen erforderlichen Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist. 

Hinweispflicht des Arbeitgebers für Urlaubsverfall

Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeitenden jetzt rechtzeitig schriftlich darauf hinweisen, dass der Urlaub bis zum 31. Dezember oder bis zum Ende des Übertragungszeitraums, also zum 31. März des Folgejahres, in vollem Umfang genommen werden muss und er ansonsten mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Die Beweislast trägt der Arbeitgeber.

Was heißt rechtzeitig? Der Hinweis muss grundsätzlich unverzüglich nach der Entstehung des Urlaubsanspruchs -meist zu Beginn des Urlaubs- erfolgen, konkretisierte das BAG. In der Regel reiche eine Woche, wobei es auf die Umstände im Einzelfall ankomme.

Daher ist es sinnvoll, die Mitwirkungsobliegenheiten regelmäßig bereits zu Beginn des Kalenderjahres in nachweisbarer Form zu erfüllen und sie gegebenenfalls später zu wiederholen. 

Urlaubsverfall und Verjährung: Fragen geklärt

Die Hinweispflicht des Arbeitgebers umfasst auch Urlaub aus vergangenen Jahren. Wie wichtig die Aufforderungs- und Hinweispflichten des Arbeitgebers sind, hat der EuGH wiederholt bestätigt. Nunmehr ist klar: Urlaubsansprüche können nicht einfach so verjähren, wenn der Arbeitgeber zuvor nicht auf den Resturlaub und den möglichen Verfall der Urlaubstage hingewiesen hat. In unionskonformer Auslegung entschied das BAG, dass die Verjährungsfrist für Urlaubsansprüche erst nach Erfüllung der Hinweispflicht beginnt.

Urlaubsverfall bei Krankheit

Probleme hinsichtlich der Übertragung von Urlaub und dem Urlaubsverfall ergeben sich insbesondere immer dann, wenn Beschäftigte dauerhaft erkranken. Grundsätzlich bleibt ihnen der Urlaubsanspruch als Freizeitanspruch zunächst erhalten, wenn sie ihren Urlaub aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraumes nicht nehmen konnten.

Urlaubsverfall nach 15 Monaten bei Langzeiterkrankung?

Weil sich die jährlich erworbenen Urlaubsansprüche von Arbeitnehmenden, die über mehrere Jahre arbeitsunfähig erkrankt sind, ins Unermessliche addieren würden, legte der EuGH und im Anschluss auch das BAG eine Grenze fest. Danach ist nunmehr gefestigte Rechtsprechung, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch spätestens 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahrs verfällt. Für Fälle der Scheinselbstständigkeit eines Arbeitnehmenden gilt nach Auffassung des EuGH diese Grenze von 15 Monaten nicht.

Was gilt aber in solchen Fällen, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheit verletzt? Darf der Urlaubsanspruch dann auch nach 15-Monaten verfallen? Das BAG auch hier seine Rechtsprechung den EuGH-Vorgaben entsprechend angepasst und weiterentwickelt. Jetzt steht fest: Jahresurlaub darf auch bei längerer Krankheit nicht einfach so verfallen. 

Der Europäische Gerichtshof hat die 15-Monatsfrist bei Langzeiterkrankung oder dauerhafter Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich bestätigt. Wenn der Arbeitgeber aber seine Mitwirkung versäumt, dürfen Urlaubstage in dem Urlaubsjahr, in dem Beschäftigte auch tatsächlich gearbeitet haben und dann erkranken, nicht verfallen. Entscheidend ist also, ob im Urlaubsjahr noch gearbeitet wurde. Eine Ausnahme hiervon hat das BAG in einer Entscheidung gemacht, indem die Arbeitsunfähigkeit so früh im Urlaubsjahr eintrat, dass es dem Arbeitgeber nicht möglich war, zuvor seiner Obliegenheiten nachzukommen.

Wenn Beschäftigte bereits zu Beginn des Urlaubsjahres arbeitsunfähig erkrankt sind und dies durchgehend bis zum 31. März des darauffolgen Jahres, verfällt der Urlaubsanspruch jedoch weiter nach 15 Monaten. Das ist dem BAG zufolge unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten erfüllt hat.

Ausnahmen Mutterschutz und Elternzeit

Ausnahmen für den Urlaubsverfall bestehen beispielsweise für Arbeitnehmende, die in Mutterschutz oder in Elternzeit gehen: Der vor Mutterschutz und Elternzeit bestehende Urlaub verfällt nicht und kann nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz nachgeholt werden.

Übertragung und Verfall von Urlaub: Tarifvertraglich großer Spielraum

Davon unabhängig dürfen Arbeits- oder Tarifvertragsparteien, die -den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch übersteigenden- Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche frei regeln. Eine tarifliche Übertragung des Urlaubs auf das erste Quartal des Folgejahres kann ohne das Vorliegen besonderer Gründe festgelegt werden. Genauso kann auch der Verfall von Resturlaub mit einer ausdrücklichen Regelung vereinbart werden. 

Änderungen bei Lohnsteuertabellen und Programmablaufplänen für 2026

Die Finanzverwaltung hat die vorläufigen Tabellen und Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2026 bekannt gemacht. Diese berücksichtigen unter anderem Anpassungen beim Grundfreibetrag, beim Kinderfreibetrag sowie Änderungen bei der Vorsorgepauschale und den Sozialversicherungsbeiträgen.

Zur Abmilderung der Inflation und zur Bekämpfung der sogenannten Kalten Progression kommt es nahezu jährlich zu kleinen Entlastungen beim Lohnsteuertarif. Daraus und vor allem aus den geänderten Beitragssätzen in der Sozialversicherung resultieren in mindestens jährlichem Abstand neue Lohnsteuertabellen und Programmablaufpläne.

Lohnsteuertabellen und Programmablaufpläne für 2026

Im Jahr 2026 kommen noch Änderungen im Zusammenhang mit der in Programmen und Tabellen enthaltenen Vorsorgepauschale hinzu (vgl. dazu unsere News „Neuerungen bei privat Krankenversicherten und bei der Vorsorgepauschale ab 2026“.

Die neuen Pläne (Entwurf) hat das BMF mit Meldung vom 25. September 2025 auf seiner Homepage veröffentlicht. Sie dienen zur

  • Berechnung der vom laufenden Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2025, aber vor dem 1. Januar 2027 enden,
  • Berechnung der von sonstigen Bezügen einzubehaltenden Lohnsteuer für sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2025, aber vor dem 1. Januar 2027 zufließen,
  • Berechnung des Solidaritätszuschlags auf laufenden Arbeitslohn und sonstige Bezüge für diese Zeiträume und
  • Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die einzubehaltende Kirchenlohnsteuer.

Anpassungen Einkommensteuertarif und Kinderfreibetrag

Die Anpassungen der Einkommensteuertarife (§§ 32 Abs. 6 Satz 1, 32a Abs. 1, 39b Abs. 2 Satz 7 EStG) sollen zum einen die verfassungsrechtlich zwingend erforderliche Freistellung des Existenzminimums sicherstellen. Sie sollen außerdem insbesondere für kleinere und mittlere Einkommen eine lediglich progressionsbedingt höhere Einkommensbesteuerung verhindern.

Deshalb steigt der steuerfreie Grundfreibetrag für 2026 um 252 Euro. Außerdem werden die Tarifeckwerte mit Ausnahme des Eckwerts zur sogenannten „Reichensteuer“ nach rechts verschoben. Ebenfalls angehoben werden die Kinderfreibeträge, die sich beim Lohnsteuerabzug jedoch nur bei Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag auswirken, sowie die Freigrenze, ab der der Solidaritätszuschlag erhoben wird.

Die Programmablaufpläne für 2026 berücksichtigen u. a. die Anpassungen des Einkommensteuertarifs

  • einschließlich Anhebung des Grundfreibetrags auf 12.348 Euro,
  • des Kinderfreibetrags (Anhebung auf 4.878 Euro bzw. 9.756 Euro) und
  • der Freigrenze beim Solidaritätszuschlag (Anhebung auf 20.350 Euro).

Weitere Änderungen in den Programmen und Ablaufplänen

Darüber hinaus sind in den Programmen bzw. Ablaufplänen enthalten:

  • die Beitragsbemessungsgrenzen der Sozialversicherung für 2026
    • in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung 69.750 Euro (2025: 66.150 Euro),
    • in der allgemeinen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung (allgemeine BBG) 101.400 Euro (2025: 96.600 Euro).
  • ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung von 2,5 Prozent sowie ansonsten unveränderte Beitragssätze.
  • die Änderungen bei der Berechnung der sog. Vorsorgepauschale zur Berücksichtigung von Aufwendungen für die Vorsorge (u. a. Alter und Krankheit) bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren.

Achtung: Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass es sich um Entwürfe handelt, die rechtlich nicht verbindlich sind und noch Änderungen unterliegen können. Die verbindlichen Programmablaufpläne werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gemacht.

Quelle Haufe

Mindestlohnanpassung

Neue Grenzen bei Minijobs und Midijobs zum 1. Januar 2026

Das Bundeskabinett hat die Fünfte Mindestlohnanpassungsverordnung beschlossen. Damit erhöht sich der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar auf 13,90 Euro. In einer zweiten Stufe wird er 2027 auf 14,60 Euro angehoben.

Die Mindestlohnkommission hatte am 27. Juni 2025 empfohlen, den Mindestlohn  bis 2027 in zwei Schritten zu erhöhen. Dieser Empfehlung folgend hat das Bundeskabinett am 29. Oktober 2025 die Fünfte Mindestlohnanpassungsverordnung beschlossen.

Mindestlohn: Anhebung im Januar 2026

Damit steigt der gesetzliche Mindestlohn zunächst zum 1. Januar 2026 von derzeit 12, 82 Euro auf 13,90 Euro pro Arbeitsstunde.

Am 1. Januar 2027 wird er in einem zweiten Schritt auf 14,60 Euro angepasst. Damit steigt der Mindestlohn zunächst um 8,42 Prozent und im kommenden Jahr um weitere 5,04 Prozent – insgesamt also um fast 14 Prozent. 

Mit dem Mindestlohn erhöht sich auch die vom Mindestlohn abhängige dynamische Geringfügigkeitsgrenze beim Minijob, die wiederum Auswirkungen auf die Untergrenze des Midijobs hat. Von der Erhöhung profitieren besonders Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten.

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Einmalige Mindestlohn-Erhöhung durch Gesetz

Der gesetzliche Mindestlohn wurde zum 1. Januar 2015 mit 8,50 Euro brutto die Stunde eingeführt. Er betrug Ende 2021 9,60 Euro und wurde zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro angehoben. Mit einer gesetzlichen Anhebung zum 1. Oktober 2022 erhöhte sich der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland dann innerhalb eines Jahres um 22 Prozent.

Der Deutsche Bundestag hatte zuvor das Mindestlohnerhöhungsgesetz mit Zustimmung des Bundesrats beschlossen; es wurde zum 30. Juni 2022 verkündet. Mit dem Gesetz wurde die im Koalitionsvertrag der Ampelparteien vereinbarte einmalige gesetzliche Erhöhung des Mindestlohns auf brutto 12 Euro je Zeitstunde umgesetzt. SPD und Grüne erfüllten damit ihr Wahlversprechen. Die Mindestlohnhöhe von 12 Euro entsprach zu der Zeit ungefähr 60 Prozent des Medianlohns in Deutschland – eine Richtgröße, die von der EU-Kommission als Orientierung für einen angemessenen Mindestlohn empfohlen wird.

Üblicherweise entscheidet die Mindestlohnkommission

Über die Anhebung des Mindestlohnes entscheidet zuletzt wieder die eigens dafür eingerichtete unabhängige Mindestlohnkommission. Sie soll frei von politischer Einflussnahme entscheiden und legt die Höhe grundsätzlich alle zwei Jahre neu fest. Außer dem Vorsitzenden gehören dem Gremium je drei Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeber sowie zwei beratende Wissenschaftler an. Bei ihrer Empfehlung für die Mindestlohnhöhe orientiert sich die Mindestlohnkommission an der Tarifentwicklung.

Mindestlohn gilt für alle – mit wenigen Ausnahmen

Der gesetzliche Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle volljährigen Arbeitnehmenden. Nur in wenigen Ausnahmen gilt der Mindestlohn nicht. So haben Langzeitarbeitslose nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten keinen Mindestlohnanspruch. Auch für Azubis gilt er nicht, für diese gibt es die Azubi-Mindestausbildungsvergütung. Auch wer ein Pflichtpraktikum oder freiwillige Praktika unter drei Monaten absolviert, kann keinen Mindestlohn beanspruchen. Daneben gibt es in mehreren Branchen tarifliche Mindestlöhne, die über der gesetzlichen Lohnuntergrenze liegen. 

Quelle Haufe

Umgang mit Krankschreibungen in der Grippezeit

Arbeitsrecht: Umgang mit Krankschreibungen
Bild: Pexels/Karolina GrabowskaHerbstzeit ist Grippezeit: Was müssen Arbeitgeber beim Umgang mit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit arbeitsrechtlich beachten?

Die kalte Jahreszeit ist angebrochen. Mit ihr sinken die Temperaturen – und die Zahl der Krankmeldungen steigt. Für Arbeitgeber stellen sich dadurch vermehrt arbeitsrechtliche Fragen zum Umgang mit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit im Unternehmen. Ein Überblick.

Kaum sinken die Temperaturen und kalte, nasse Tage lösen die letzten Sommertage ab, steigen auch die Krankmeldungen in den Unternehmen wieder. Statistiken bestätigen: ab Ende September wächst die Zahl der krankheitsbedingten Personalausfälle spürbar. Für Arbeitgeber bedeutet das nicht nur, dass jetzt wieder Vertretungen organisiert, Dienstpläne umgeschrieben und Termine verschoben oder gar abgesagt werden müssen. Es stellen sich auch wieder zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen zum Umgang mit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Worauf sollten Arbeitgeber in Erkältungs- und Grippezeiten achten?

Ordnungsgemäße Abmeldung bei Erkrankung

Handlungsbedarf besteht vielfach bereits im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Krankmeldung. Arbeitnehmer müssen ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber „unverzüglich“ mitteilen. „Unverzüglich“ bedeutet: ohne schuldhafte Verzögerung, sobald klar ist, dass Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Das kann unter Umständen auch schon deutlich vor dem nächsten Arbeitsbeginn sein. Der Arbeitgeber soll so früh wie möglich die Chance bekommen, auf den Ausfall zu reagieren. Unklar, weil nicht unmissverständlich kommuniziert, ist dabei oft die Frage, bei wem und auf welchem Weg die Mitteilung zu erfolgen hat. In manchen Unternehmen haben sich hier Üblichkeiten wie etwa die Abmeldung bei Kolleginnen und Kollegen in einer gemeinsamen Whatsapp-Gruppe oder kurze E-Mails entwickelt. Dies ist aus einer Vielzahl von Gründen nicht sinnvoll. Letztlich liegt es in der Organisationshoheit des Arbeitgebers, klare Vorgaben zu gestalten.

Tipp: Hiervon sollten Arbeitgeber auch Gebrauch machen und eindeutige Organisationsanweisungen, Richtlinien oder Standards schaffen. Insbesondere, wenn die konkrete Tätigkeit es erfordert, dass der Arbeitgeber kurzfristig Ersatz organisiert oder Aufgaben umverteilt, kann es sinnvoll sein, eine telefonische Mitteilung an den konkreten Vorgesetzten und parallel dazu eine Mitteilung in Textform, etwa per E-Mail, an die Personalabteilung zu verlangen. Nur, wenn derart klare Vorgaben gemacht werden, können im Übrigen Arbeitnehmer, die hiergegen verstoßen, auch sanktioniert werden.

Arbeitsunfähigkeit ärztlich attestieren lassen

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage, verlangt das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit ärztlich attestieren lässt. In Arbeits- oder Tarifverträgen können hier auch kürzere Fristen vereinbart werden. Und: Im Einzelfall kann der Arbeitgeber eine ärztliche Untersuchung auch bereits ab dem ersten Tag verlangen. Auch von diesen Gestaltungsmöglichkeiten sollten Arbeitgeber Gebrauch machen, wenn es einen Anlass hierfür gibt. Dies ist insbesondere sinnvoll, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin besonders häufig nur zwei oder drei Tage arbeitsunfähig ist und der Verdacht besteht, dass die gesetzliche Karenzzeit hier ausgenutzt wird.

Seit Einführung der elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) erhalten gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform mehr für ihren Arbeitgeber, sondern lediglich einen Ausdruck für ihre eigenen Unterlagen. Die ärztliche Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit wird auf elektronischem Weg der jeweiligen Krankenkasse übermittelt und von dort über einen Dienstleister dem Arbeitgeber zum Abruf bereitgestellt. Damit dieser Abruf ausgelöst wird, ist es sinnvoll, dass Arbeitnehmende den Arbeitgeber darüber informieren, dass sie beim Arzt waren. Eine entsprechende Mitteilungsobliegenheit sollten Arbeitgeber ebenfalls in die Anweisungen oder Richtlinien aufnehmen.

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und Papierform

Seit Einführung der eAU dürften Arbeitgeber auch aufhorchen, wenn ein gesetzlich krankenversicherter Arbeitnehmer gleichwohl noch mit einer Bescheinigung in Papierform, häufig auch als PDF übersandt, seine Arbeitsunfähigkeit belegt. Dass gesetzlich Versicherte auf eigene Kosten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von einem Privatarzt einholen, kommt eher selten vor. Insofern könnte dies ein Indiz für eine missbräuchliche oder „gefälschte“ AU darstellen. Nach wie vor sind im Internet unseriöse Anbieter zu finden, die gegen entsprechende Zahlungen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen, ohne dass dem eine ärztliche Untersuchung vorausgeht. Die Anbieter nutzen dabei die grundsätzlich bestehende Möglichkeit von Videosprechstunden oder telefonischen Krankschreibungen aus, attestieren aber lediglich, was der Kunde zuvor auf der Website „bestellt“ hat.

Sofern ein gesetzlich versicherter Arbeitnehmer eine Papierbescheinigung vorlegt, sollten Arbeitgeber diese daher standardmäßig einer Überprüfung unterziehen. Hier kann bereits eine kurze Recherche des attestierenden Arztes hilfreich sein. Auch wenn Ärzte aus sehr unterschiedlichen Regionen Bescheinigungen für denselben Arbeitnehmer abgeben, erscheint dies verdächtig. Liegen Anhaltspunkte vor, welche die Ordnungsgemäßheit des ärztlichen Attestes in Zweifel ziehen, besteht zunächst kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung.

Tipp: Manche Arbeitgeber haben gute Erfahrungen damit gemacht, ihre Beschäftigten darauf hinzuweisen, dass Atteste aus dem Internet in vielen Fällen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und in jedem Fall einer Überprüfung unterzogen werden.

Erschütterung des Beweiswertes der (e)AU

Liegt ein ärztliches Attest – elektronisch oder in Papierform – vor, kommt dem zunächst ein hoher Beweiswert zu, das heißt, es gilt als nachgewiesen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich krankheitsbedingt arbeitsunfähig war oder ist. Dieser Beweiswert kann allerdings erschüttert werden. In jüngerer Zeit haben Gerichte entschieden, dass ein Attest seinen Beweiswert verliert, wenn es etwa nicht nach den Vorgaben der hierzu bestehenden Richtlinie (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) erstellt wurde, also etwa ohne persönliche oder telemedizinische Untersuchung. Dies ist auch der Fall, wenn die Krankheit nach Ablehnung eines Urlaubsantrags für eben diesen Zeitraum auftritt oder der Arbeitnehmer im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses und zeitlich passend gerade bis zum Ablauf der Kündigungsfrist krankgeschrieben wird. Auch, wenn Arbeitnehmer häufiger im Urlaub beziehungsweise am Ende eines Urlaubs erkranken und sich die Abwesenheit dadurch verlängert, kann dies den Beweiswert einer ärztlichen Bescheinigung erschüttern.

Ist der Beweiswert des ärztlichen Attests erschüttert, hat der Arbeitnehmer den vollen Beweis für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu erbringen. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer konkrete Umstände und Tatsachen vortragen muss, die seine Erkrankung glaubhaft machen. Er muss zumindest laienhaft schildern, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit welchen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bestanden haben. Diese Schilderung sollte die akuten Beschwerden, deren Intensität und die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit umfassen. Erst danach kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt vom Gericht als Zeuge vernommen werden. Ein bloßer Verweis auf mögliche Aussagen des Arztes reicht nicht aus.

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Dauer der Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit

Das Gesetz räumt jedem Arbeitnehmer Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Jahr ein. Ein darüberhinausgehender Anspruch besteht nur dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung mindestens sechs Monate zurückliegt oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung mindestens ein Jahr vergangen ist.

In der jüngeren Vergangenheit tendiert die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dahin, in diesem Zusammenhang die Darlegungslast des Arbeitnehmers zu betonen. Als Anspruchssteller muss er die Voraussetzungen des Anspruchs darlegen – und damit eben auch, dass frühere Arbeitsunfähigkeiten innerhalb der zurückliegenden sechs Monate nicht auf derselben Erkrankung beruhten. Solange der Arbeitnehmer dies nicht dargelegt hat, kann er eine Fortzahlung seines Entgelts nicht verlangen.

Dass ein Arzt eine neue Erstbescheinigung ausgestellt hat, ist dabei kein hinreichender Beleg für eine neue, andere Erkrankung. Eine Erstbescheinigung wird auch dann ausgestellt, wenn die Zeit der Arbeitsunfähigkeit unterbrochen war und nun erneut eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird. Auf die zugrundeliegende Krankheit kommt es dabei nicht an. Sofern Arbeitgeber darunter leiden, dass einzelne Arbeitnehmer – möglicherweise wiederholt – insgesamt krankheitsbedingte Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen im Jahr aufweisen, wäre es legitim, diese Arbeitnehmer auf die gesetzliche Verteilung der Darlegungslast hinzuweisen und um nähere Erläuterungen zu bitten. Bis die Voraussetzungen der Entgeltfortzahlung dargelegt sind, kann der Arbeitgeber die entsprechenden Zahlungen zunächst zurückhalten.

Entgeltfortzahlung bei Überschneidung verschiedener Krankheiten

Ähnliches gilt, wenn sich verschiedene Krankheiten überschneiden: Beginnt die Arbeitsunfähigkeit wegen einer Erkrankung, noch bevor die vorangegangene Erkrankung ausgeheilt war, geht die Rechtsprechung von einem einheitlichen Verhinderungsfall aus. In diesem Fall sind die Entgeltfortzahlungszeiträume trotz unterschiedlicher Erkrankungen zusammenzurechnen. Das Vorliegen eines solchen einheitlichen Verhinderungsfalls vermutet das Bundesarbeitsgericht auch bereits dann, wenn zwischen dem Ende der vorangehenden und dem Beginn der neuen Arbeitsunfähigkeit kein Arbeitstag liegt, die Zeiträume also unmittelbar aneinander anschließen oder nur freie Tage oder ein Wochenende dazwischen liegen. Auch hier ist es der Arbeitnehmer, der darlegen muss, warum ein einheitlicher Verhinderungsfall ausnahmsweise doch nicht gegeben sein soll. (Lesen Sie dazu: „Entgeltfortzahlung: Wenn unterschiedliche Krankheiten aufeinander folgen“). 

Schließlich kann nach der Rechtsprechung das Bundesarbeitsgerichts die Beweiskraft eines ärztlichen Attestes auch dadurch erschüttert werden, dass eine neue Erkrankung – vielleicht sogar mehrfach – immer exakt nach sechs Wochen, also nach Ausschöpfung des maximalen Entgeltfortzahlungszeitraums, attestiert wird.

Tipp: Arbeitgeber, die den Eindruck haben, in der Vergangenheit in größerem Umfang unbegründete Entgeltfortzahlungen geleistet zu haben, sollten hier Mechanismen schaffen, nach denen jede Entgeltfortzahlung über sechs Wochen hinaus zumindest einer Prüfung unterzogen wird.

Höhe der Entgeltfortzahlung bei Erkrankung eines Arbeitnehmers

Fragen ergeben sich auch häufig zur Höhe der geschuldeten Entgeltfortzahlung. Grundsätzlich gilt das Lohnausfallprinzip. Das heißt, der arbeitsunfähige Arbeitnehmer soll so gestellt werden, als wenn er wie geplant gearbeitet hätte.

Die Höhe des fortzuzahlenden Entgelts kann mitunter kompliziert zu berechnen sein. Erhält der Arbeitnehmer ausschließlich eine monatliche Fixvergütung, ist diese schlicht weiterzuzahlen – hier ergeben sich keine Komplikationen. Enthält die Vergütung dagegen variable Bestandteile, etwa Umsatzbeteiligungen, Provisionen, Prämien oder Akkordlohn, aber auch Zeitzuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, wird dies schwieriger. Hier ist ein Rückgriff auf die in der Vergangenheit erzielten Vergütungen vorzunehmen. Je nachdem, wie sehr die Höhe des variablen Anteils schwankt, ist nach Ansicht der Rechtsprechung hier ein Zeitraum von einigen Monaten, möglicherweise aber auch eines ganzen Jahres erforderlich, um einen realistischen Durchschnittswert zu berechnen.

Hinweis: Jedenfalls kann sich der Arbeitgeber nicht auf den Standpunkt stellen, eine leistungsorientierte Vergütung sei nicht zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringt. Dies stünde im Widerspruch zum Lohnausfallprinzip. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Gesetz abweichende Vereinbarungen (nur) in Tarifverträgen oder durch die Bezugnahme auf einen einschlägigen Tarifvertrag zulässt. Tarifverträge enthalten auch tatsächlich vielfach Regelungen zur Berechnung der Entgeltfortzahlung, insbesondere, indem die Bemessungsgrundlage eindeutig bestimmt wird. In Arbeitsverträgen sind derartige Regelungen nicht wirksam möglich.

Kürzung von Sondervergütungen

Was allerdings möglich ist, ist die Kürzung von Sondervergütungen nach § 4a EFZG. Nach dieser Vorschrift können Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertraglich vereinbaren, dass Leistungen, die zusätzlich zum laufenden Entgelt erbracht werden, für Zeiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit gekürzt werden, sofern die Kürzung nicht über 25 Prozent hinausgeht. Unter diese Vorschrift fallen zwar nicht die rein leistungsbezogenen Vergütungen, wohl aber alle Sonderzahlungen mit Mischcharakter, die also sowohl erbrachte Leistungen wie auch die Betriebstreue honorieren sollen. Dies sind typischerweise Jahresboni, ein Weihnachtsgeld oder vergleichbare Zahlungen. Hier empfiehlt es sich, jedenfalls in zukünftig zu schließenden Verträge eine entsprechende Kürzungsvereinbarung aufzunehmen.

Quelle Haufe