Die Finanzverwaltung hat die vorläufigen Tabellen und Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2026 bekannt gemacht. Diese berücksichtigen unter anderem Anpassungen beim Grundfreibetrag, beim Kinderfreibetrag sowie Änderungen bei der Vorsorgepauschale und den Sozialversicherungsbeiträgen.
Zur Abmilderung der Inflation und zur Bekämpfung der sogenannten Kalten Progression kommt es nahezu jährlich zu kleinen Entlastungen beim Lohnsteuertarif. Daraus und vor allem aus den geänderten Beitragssätzen in der Sozialversicherung resultieren in mindestens jährlichem Abstand neue Lohnsteuertabellen und Programmablaufpläne.
Lohnsteuertabellen und Programmablaufpläne für 2026
Die neuen Pläne (Entwurf) hat das BMF mit Meldung vom 25. September 2025 auf seiner Homepage veröffentlicht. Sie dienen zur
Berechnung der vom laufenden Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2025, aber vor dem 1. Januar 2027 enden,
Berechnung der von sonstigen Bezügen einzubehaltenden Lohnsteuer für sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2025, aber vor dem 1. Januar 2027 zufließen,
Berechnung des Solidaritätszuschlags auf laufenden Arbeitslohn und sonstige Bezüge für diese Zeiträume und
Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die einzubehaltende Kirchenlohnsteuer.
Anpassungen Einkommensteuertarif und Kinderfreibetrag
Die Anpassungen der Einkommensteuertarife (§§ 32 Abs. 6 Satz 1, 32a Abs. 1, 39b Abs. 2 Satz 7 EStG) sollen zum einen die verfassungsrechtlich zwingend erforderliche Freistellung des Existenzminimums sicherstellen. Sie sollen außerdem insbesondere für kleinere und mittlere Einkommen eine lediglich progressionsbedingt höhere Einkommensbesteuerung verhindern.
Deshalb steigt der steuerfreie Grundfreibetrag für 2026 um 252 Euro. Außerdem werden die Tarifeckwerte mit Ausnahme des Eckwerts zur sogenannten „Reichensteuer“ nach rechts verschoben. Ebenfalls angehoben werden die Kinderfreibeträge, die sich beim Lohnsteuerabzug jedoch nur bei Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag auswirken, sowie die Freigrenze, ab der der Solidaritätszuschlag erhoben wird.
Die Programmablaufpläne für 2026 berücksichtigen u. a. die Anpassungen des Einkommensteuertarifs
einschließlich Anhebung des Grundfreibetrags auf 12.348 Euro,
des Kinderfreibetrags (Anhebung auf 4.878 Euro bzw. 9.756 Euro) und
der Freigrenze beim Solidaritätszuschlag (Anhebung auf 20.350 Euro).
Weitere Änderungen in den Programmen und Ablaufplänen
Darüber hinaus sind in den Programmen bzw. Ablaufplänen enthalten:
die Beitragsbemessungsgrenzen der Sozialversicherung für 2026
in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung 69.750 Euro (2025: 66.150 Euro),
in der allgemeinen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung (allgemeine BBG) 101.400 Euro (2025: 96.600 Euro).
ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung von 2,5 Prozent sowie ansonsten unveränderte Beitragssätze.
die Änderungen bei der Berechnung der sog. Vorsorgepauschale zur Berücksichtigung von Aufwendungen für die Vorsorge (u. a. Alter und Krankheit) bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren.
Achtung: Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass es sich um Entwürfe handelt, die rechtlich nicht verbindlich sind und noch Änderungen unterliegen können. Die verbindlichen Programmablaufpläne werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gemacht.
Neue Grenzen bei Minijobs und Midijobs zum 1. Januar 2026
Das Bundeskabinett hat die Fünfte Mindestlohnanpassungsverordnung beschlossen. Damit erhöht sich der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar auf 13,90 Euro. In einer zweiten Stufe wird er 2027 auf 14,60 Euro angehoben.
Die Mindestlohnkommission hatte am 27. Juni 2025 empfohlen, den Mindestlohn bis 2027 in zwei Schritten zu erhöhen. Dieser Empfehlung folgend hat das Bundeskabinett am 29. Oktober 2025 die Fünfte Mindestlohnanpassungsverordnung beschlossen.
Mindestlohn: Anhebung im Januar 2026
Damit steigt der gesetzliche Mindestlohn zunächst zum 1. Januar 2026 von derzeit 12, 82 Euro auf 13,90 Euro pro Arbeitsstunde.
Am 1. Januar 2027 wird er in einem zweiten Schritt auf 14,60 Euro angepasst. Damit steigt der Mindestlohn zunächst um 8,42 Prozent und im kommenden Jahr um weitere 5,04 Prozent – insgesamt also um fast 14 Prozent.
Mit dem Mindestlohn erhöht sich auch die vom Mindestlohn abhängige dynamische Geringfügigkeitsgrenze beim Minijob, die wiederum Auswirkungen auf die Untergrenze des Midijobs hat. Von der Erhöhung profitieren besonders Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten.
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Einmalige Mindestlohn-Erhöhung durch Gesetz
Der gesetzliche Mindestlohn wurde zum 1. Januar 2015 mit 8,50 Euro brutto die Stunde eingeführt. Er betrug Ende 2021 9,60 Euro und wurde zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro angehoben. Mit einer gesetzlichen Anhebung zum 1. Oktober 2022 erhöhte sich der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland dann innerhalb eines Jahres um 22 Prozent.
Der Deutsche Bundestag hatte zuvor das Mindestlohnerhöhungsgesetz mit Zustimmung des Bundesrats beschlossen; es wurde zum 30. Juni 2022 verkündet. Mit dem Gesetz wurde die im Koalitionsvertrag der Ampelparteien vereinbarte einmalige gesetzliche Erhöhung des Mindestlohns auf brutto 12 Euro je Zeitstunde umgesetzt. SPD und Grüne erfüllten damit ihr Wahlversprechen. Die Mindestlohnhöhe von 12 Euro entsprach zu der Zeit ungefähr 60 Prozent des Medianlohns in Deutschland – eine Richtgröße, die von der EU-Kommission als Orientierung für einen angemessenen Mindestlohn empfohlen wird.
Üblicherweise entscheidet die Mindestlohnkommission
Über die Anhebung des Mindestlohnes entscheidet zuletzt wieder die eigens dafür eingerichtete unabhängige Mindestlohnkommission. Sie soll frei von politischer Einflussnahme entscheiden und legt die Höhe grundsätzlich alle zwei Jahre neu fest. Außer dem Vorsitzenden gehören dem Gremium je drei Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeber sowie zwei beratende Wissenschaftler an. Bei ihrer Empfehlung für die Mindestlohnhöhe orientiert sich die Mindestlohnkommission an der Tarifentwicklung.
Mindestlohn gilt für alle – mit wenigen Ausnahmen
Der gesetzliche Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle volljährigen Arbeitnehmenden. Nur in wenigen Ausnahmen gilt der Mindestlohn nicht. So haben Langzeitarbeitslose nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten keinen Mindestlohnanspruch. Auch für Azubis gilt er nicht, für diese gibt es die Azubi-Mindestausbildungsvergütung. Auch wer ein Pflichtpraktikum oder freiwillige Praktika unter drei Monaten absolviert, kann keinen Mindestlohn beanspruchen. Daneben gibt es in mehreren Branchen tarifliche Mindestlöhne, die über der gesetzlichen Lohnuntergrenze liegen.
Bild: Pexels/Karolina GrabowskaHerbstzeit ist Grippezeit: Was müssen Arbeitgeber beim Umgang mit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit arbeitsrechtlich beachten?
Die kalte Jahreszeit ist angebrochen. Mit ihr sinken die Temperaturen – und die Zahl der Krankmeldungen steigt. Für Arbeitgeber stellen sich dadurch vermehrt arbeitsrechtliche Fragen zum Umgang mit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit im Unternehmen. Ein Überblick.
Kaum sinken die Temperaturen und kalte, nasse Tage lösen die letzten Sommertage ab, steigen auch die Krankmeldungen in den Unternehmen wieder. Statistiken bestätigen: ab Ende September wächst die Zahl der krankheitsbedingten Personalausfälle spürbar. Für Arbeitgeber bedeutet das nicht nur, dass jetzt wieder Vertretungen organisiert, Dienstpläne umgeschrieben und Termine verschoben oder gar abgesagt werden müssen. Es stellen sich auch wieder zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen zum Umgang mit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Worauf sollten Arbeitgeber in Erkältungs- und Grippezeiten achten?
Ordnungsgemäße Abmeldung bei Erkrankung
Handlungsbedarf besteht vielfach bereits im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Krankmeldung. Arbeitnehmer müssen ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber „unverzüglich“ mitteilen. „Unverzüglich“ bedeutet: ohne schuldhafte Verzögerung, sobald klar ist, dass Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Das kann unter Umständen auch schon deutlich vor dem nächsten Arbeitsbeginn sein. Der Arbeitgeber soll so früh wie möglich die Chance bekommen, auf den Ausfall zu reagieren. Unklar, weil nicht unmissverständlich kommuniziert, ist dabei oft die Frage, bei wem und auf welchem Weg die Mitteilung zu erfolgen hat. In manchen Unternehmen haben sich hier Üblichkeiten wie etwa die Abmeldung bei Kolleginnen und Kollegen in einer gemeinsamen Whatsapp-Gruppe oder kurze E-Mails entwickelt. Dies ist aus einer Vielzahl von Gründen nicht sinnvoll. Letztlich liegt es in der Organisationshoheit des Arbeitgebers, klare Vorgaben zu gestalten.
Tipp: Hiervon sollten Arbeitgeber auch Gebrauch machen und eindeutige Organisationsanweisungen, Richtlinien oder Standards schaffen. Insbesondere, wenn die konkrete Tätigkeit es erfordert, dass der Arbeitgeber kurzfristig Ersatz organisiert oder Aufgaben umverteilt, kann es sinnvoll sein, eine telefonische Mitteilung an den konkreten Vorgesetzten und parallel dazu eine Mitteilung in Textform, etwa per E-Mail, an die Personalabteilung zu verlangen. Nur, wenn derart klare Vorgaben gemacht werden, können im Übrigen Arbeitnehmer, die hiergegen verstoßen, auch sanktioniert werden.
Arbeitsunfähigkeit ärztlich attestieren lassen
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage, verlangt das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit ärztlich attestieren lässt. In Arbeits- oder Tarifverträgen können hier auch kürzere Fristen vereinbart werden. Und: Im Einzelfall kann der Arbeitgeber eine ärztliche Untersuchung auch bereits ab dem ersten Tag verlangen. Auch von diesen Gestaltungsmöglichkeiten sollten Arbeitgeber Gebrauch machen, wenn es einen Anlass hierfür gibt. Dies ist insbesondere sinnvoll, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin besonders häufig nur zwei oder drei Tage arbeitsunfähig ist und der Verdacht besteht, dass die gesetzliche Karenzzeit hier ausgenutzt wird.
Seit Einführung der elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) erhalten gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform mehr für ihren Arbeitgeber, sondern lediglich einen Ausdruck für ihre eigenen Unterlagen. Die ärztliche Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit wird auf elektronischem Weg der jeweiligen Krankenkasse übermittelt und von dort über einen Dienstleister dem Arbeitgeber zum Abruf bereitgestellt. Damit dieser Abruf ausgelöst wird, ist es sinnvoll, dass Arbeitnehmende den Arbeitgeber darüber informieren, dass sie beim Arzt waren. Eine entsprechende Mitteilungsobliegenheit sollten Arbeitgeber ebenfalls in die Anweisungen oder Richtlinien aufnehmen.
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und Papierform
Seit Einführung der eAU dürften Arbeitgeber auch aufhorchen, wenn ein gesetzlich krankenversicherter Arbeitnehmer gleichwohl noch mit einer Bescheinigung in Papierform, häufig auch als PDF übersandt, seine Arbeitsunfähigkeit belegt. Dass gesetzlich Versicherte auf eigene Kosten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von einem Privatarzt einholen, kommt eher selten vor. Insofern könnte dies ein Indiz für eine missbräuchliche oder „gefälschte“ AU darstellen. Nach wie vor sind im Internet unseriöse Anbieter zu finden, die gegen entsprechende Zahlungen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen, ohne dass dem eine ärztliche Untersuchung vorausgeht. Die Anbieter nutzen dabei die grundsätzlich bestehende Möglichkeit von Videosprechstunden oder telefonischen Krankschreibungen aus, attestieren aber lediglich, was der Kunde zuvor auf der Website „bestellt“ hat.
Sofern ein gesetzlich versicherter Arbeitnehmer eine Papierbescheinigung vorlegt, sollten Arbeitgeber diese daher standardmäßig einer Überprüfung unterziehen. Hier kann bereits eine kurze Recherche des attestierenden Arztes hilfreich sein. Auch wenn Ärzte aus sehr unterschiedlichen Regionen Bescheinigungen für denselben Arbeitnehmer abgeben, erscheint dies verdächtig. Liegen Anhaltspunkte vor, welche die Ordnungsgemäßheit des ärztlichen Attestes in Zweifel ziehen, besteht zunächst kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung.
Tipp: Manche Arbeitgeber haben gute Erfahrungen damit gemacht, ihre Beschäftigten darauf hinzuweisen, dass Atteste aus dem Internet in vielen Fällen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und in jedem Fall einer Überprüfung unterzogen werden.
Erschütterung des Beweiswertes der (e)AU
Liegt ein ärztliches Attest – elektronisch oder in Papierform – vor, kommt dem zunächst ein hoher Beweiswert zu, das heißt, es gilt als nachgewiesen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich krankheitsbedingt arbeitsunfähig war oder ist. Dieser Beweiswert kann allerdings erschüttert werden. In jüngerer Zeit haben Gerichte entschieden, dass ein Attest seinen Beweiswert verliert, wenn es etwa nicht nach den Vorgaben der hierzu bestehenden Richtlinie (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) erstellt wurde, also etwa ohne persönliche oder telemedizinische Untersuchung. Dies ist auch der Fall, wenn die Krankheit nach Ablehnung eines Urlaubsantrags für eben diesen Zeitraum auftritt oder der Arbeitnehmer im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses und zeitlich passend gerade bis zum Ablauf der Kündigungsfrist krankgeschrieben wird. Auch, wenn Arbeitnehmer häufiger im Urlaub beziehungsweise am Ende eines Urlaubs erkranken und sich die Abwesenheit dadurch verlängert, kann dies den Beweiswert einer ärztlichen Bescheinigung erschüttern.
Ist der Beweiswert des ärztlichen Attests erschüttert, hat der Arbeitnehmer den vollen Beweis für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu erbringen. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer konkrete Umstände und Tatsachen vortragen muss, die seine Erkrankung glaubhaft machen. Er muss zumindest laienhaft schildern, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit welchen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bestanden haben. Diese Schilderung sollte die akuten Beschwerden, deren Intensität und die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit umfassen. Erst danach kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt vom Gericht als Zeuge vernommen werden. Ein bloßer Verweis auf mögliche Aussagen des Arztes reicht nicht aus.
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Dauer der Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit
Das Gesetz räumt jedem Arbeitnehmer Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Jahr ein. Ein darüberhinausgehender Anspruch besteht nur dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung mindestens sechs Monate zurückliegt oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung mindestens ein Jahr vergangen ist.
In der jüngeren Vergangenheit tendiert die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dahin, in diesem Zusammenhang die Darlegungslast des Arbeitnehmers zu betonen. Als Anspruchssteller muss er die Voraussetzungen des Anspruchs darlegen – und damit eben auch, dass frühere Arbeitsunfähigkeiten innerhalb der zurückliegenden sechs Monate nicht auf derselben Erkrankung beruhten. Solange der Arbeitnehmer dies nicht dargelegt hat, kann er eine Fortzahlung seines Entgelts nicht verlangen.
Dass ein Arzt eine neue Erstbescheinigung ausgestellt hat, ist dabei kein hinreichender Beleg für eine neue, andere Erkrankung. Eine Erstbescheinigung wird auch dann ausgestellt, wenn die Zeit der Arbeitsunfähigkeit unterbrochen war und nun erneut eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird. Auf die zugrundeliegende Krankheit kommt es dabei nicht an. Sofern Arbeitgeber darunter leiden, dass einzelne Arbeitnehmer – möglicherweise wiederholt – insgesamt krankheitsbedingte Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen im Jahr aufweisen, wäre es legitim, diese Arbeitnehmer auf die gesetzliche Verteilung der Darlegungslast hinzuweisen und um nähere Erläuterungen zu bitten. Bis die Voraussetzungen der Entgeltfortzahlung dargelegt sind, kann der Arbeitgeber die entsprechenden Zahlungen zunächst zurückhalten.
Entgeltfortzahlung bei Überschneidung verschiedener Krankheiten
Ähnliches gilt, wenn sich verschiedene Krankheiten überschneiden: Beginnt die Arbeitsunfähigkeit wegen einer Erkrankung, noch bevor die vorangegangene Erkrankung ausgeheilt war, geht die Rechtsprechung von einem einheitlichen Verhinderungsfall aus. In diesem Fall sind die Entgeltfortzahlungszeiträume trotz unterschiedlicher Erkrankungen zusammenzurechnen. Das Vorliegen eines solchen einheitlichen Verhinderungsfalls vermutet das Bundesarbeitsgericht auch bereits dann, wenn zwischen dem Ende der vorangehenden und dem Beginn der neuen Arbeitsunfähigkeit kein Arbeitstag liegt, die Zeiträume also unmittelbar aneinander anschließen oder nur freie Tage oder ein Wochenende dazwischen liegen. Auch hier ist es der Arbeitnehmer, der darlegen muss, warum ein einheitlicher Verhinderungsfall ausnahmsweise doch nicht gegeben sein soll. (Lesen Sie dazu: „Entgeltfortzahlung: Wenn unterschiedliche Krankheiten aufeinander folgen“).
Schließlich kann nach der Rechtsprechung das Bundesarbeitsgerichts die Beweiskraft eines ärztlichen Attestes auch dadurch erschüttert werden, dass eine neue Erkrankung – vielleicht sogar mehrfach – immer exakt nach sechs Wochen, also nach Ausschöpfung des maximalen Entgeltfortzahlungszeitraums, attestiert wird.
Tipp: Arbeitgeber, die den Eindruck haben, in der Vergangenheit in größerem Umfang unbegründete Entgeltfortzahlungen geleistet zu haben, sollten hier Mechanismen schaffen, nach denen jede Entgeltfortzahlung über sechs Wochen hinaus zumindest einer Prüfung unterzogen wird.
Höhe der Entgeltfortzahlung bei Erkrankung eines Arbeitnehmers
Fragen ergeben sich auch häufig zur Höhe der geschuldeten Entgeltfortzahlung. Grundsätzlich gilt das Lohnausfallprinzip. Das heißt, der arbeitsunfähige Arbeitnehmer soll so gestellt werden, als wenn er wie geplant gearbeitet hätte.
Die Höhe des fortzuzahlenden Entgelts kann mitunter kompliziert zu berechnen sein. Erhält der Arbeitnehmer ausschließlich eine monatliche Fixvergütung, ist diese schlicht weiterzuzahlen – hier ergeben sich keine Komplikationen. Enthält die Vergütung dagegen variable Bestandteile, etwa Umsatzbeteiligungen, Provisionen, Prämien oder Akkordlohn, aber auch Zeitzuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, wird dies schwieriger. Hier ist ein Rückgriff auf die in der Vergangenheit erzielten Vergütungen vorzunehmen. Je nachdem, wie sehr die Höhe des variablen Anteils schwankt, ist nach Ansicht der Rechtsprechung hier ein Zeitraum von einigen Monaten, möglicherweise aber auch eines ganzen Jahres erforderlich, um einen realistischen Durchschnittswert zu berechnen.
Hinweis: Jedenfalls kann sich der Arbeitgeber nicht auf den Standpunkt stellen, eine leistungsorientierte Vergütung sei nicht zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringt. Dies stünde im Widerspruch zum Lohnausfallprinzip. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Gesetz abweichende Vereinbarungen (nur) in Tarifverträgen oder durch die Bezugnahme auf einen einschlägigen Tarifvertrag zulässt. Tarifverträge enthalten auch tatsächlich vielfach Regelungen zur Berechnung der Entgeltfortzahlung, insbesondere, indem die Bemessungsgrundlage eindeutig bestimmt wird. In Arbeitsverträgen sind derartige Regelungen nicht wirksam möglich.
Kürzung von Sondervergütungen
Was allerdings möglich ist, ist die Kürzung von Sondervergütungen nach § 4a EFZG. Nach dieser Vorschrift können Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertraglich vereinbaren, dass Leistungen, die zusätzlich zum laufenden Entgelt erbracht werden, für Zeiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit gekürzt werden, sofern die Kürzung nicht über 25 Prozent hinausgeht. Unter diese Vorschrift fallen zwar nicht die rein leistungsbezogenen Vergütungen, wohl aber alle Sonderzahlungen mit Mischcharakter, die also sowohl erbrachte Leistungen wie auch die Betriebstreue honorieren sollen. Dies sind typischerweise Jahresboni, ein Weihnachtsgeld oder vergleichbare Zahlungen. Hier empfiehlt es sich, jedenfalls in zukünftig zu schließenden Verträge eine entsprechende Kürzungsvereinbarung aufzunehmen.