Der Referentenentwurf für das Jahressteuergesetz 2024 liegt vor. Demnach wird eine neue Pauschalbesteuerung für Mobilitätsbudgets eingeführt, die Arbeitgeber ihren Beschäftigten gewähren können. Auch weitere Änderungen sind für die Praxis relevant. Sie sollen in der zweiten Jahreshälfte 2024 in Kraft treten.
Bereits im April 2024 war ein inoffizieller Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024) bekannt geworden, der eine Vielzahl von Änderungen beinhaltet. Mitte Mai 2024 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun den offiziellen Referentenentwurf veröffentlicht. Aus Lohnsteuersicht ist insbesondere die Einführung einer neuen Pauschalbesteuerungs-möglichkeit für sog. Mobilitätsbudgets erwähnenswert. Anpassungen gibt es unter anderem auch beim Lohnsteuerjahresausgleich und bei den Freibeträgen für Alleinerziehende.
Die Änderungen sollen ab dem Inkrafttreten des Gesetzes gelten. Mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist in der zweiten Jahreshälfte 2024 zu rechnen.
Pauschalbesteuerung von Mobilitätsbudgets
Der Arbeitgeber kann bereits heute die Lohnsteuer für zahlreiche Tatbestände mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent erheben (§ 40 Abs. 2 EStG), zum Beispiel für die Übereignung von Datenverarbeitungsgeräten oder Wallboxen.
Neu eingeführt werden soll als Nr. 8 eine Pauschalierungsmöglichkeit, wenn
- der Arbeitgeber oder auf seine Veranlassung hin ein Dritter den Beschäftigten
- zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn (§ 8 Absatz 4)
- Leistungen aus einem sog. Mobilitätsbudget gewährt,
- soweit diese den Betrag von 2.400 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen (Höchstbetrag).
Als Bemessungsgrundlage für die Pauschalbesteuerung sind die Aufwendungen des Arbeitgebers (einschließlich Umsatzsteuer) zugrunde zu legen.
Ein Mobilitätsbudget ist dabei ein Angebot zur Nutzung von außerdienstlichen Mobilitätsleistungen unabhängig vom Verkehrsmittel in Form eines Sachbezugs oder Zuschusses. Begünstigt sind danach Sachbezüge (z. B. bestimmte zweckgebundene Gutscheine einschließlich entsprechender Gutscheinkarten, digitaler Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen/-Apps oder entsprechende Geldkarten einschließlich Wertguthabenkarten in Form von PrepaidKarten) und Zuschüsse (Geldleistungen wie z. B nachträgliche Kostenerstattungen), die Beschäftigten zur Nutzung von Mobilitätsleistungen und somit zur individuellen Fortbewegung im außerdienstlichen Bereich (insbesondere private Fahrten, Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Familienheimfahrten) gewährt werden.
Erfasst werden Fortbewegungsmöglichkeiten wie E-Scooter ebenso wie die gelegentliche Inanspruchnahme von Car- oder Bike-Sharing-Angeboten und Fahrtdienstleistungen. Die Vorschrift gilt hingegen nicht für Luftfahrzeuge, private Kraftfahrzeuge und dauerhaft überlassene Dienstwagen. Eine bereits bisher mögliche Pauschalierung mit 15% für Fahrtkostenzuschüsse zur ersten Tätigkeitsstätte (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG) schließt die Pauschalierung im Zusammenhang mit dem Mobilitätsbudget ebenfalls aus.
Inanspruchnahme Pauschalbesteuerung
Gleichzeitig mit der neuen Pauschalierungsmöglichkeit soll auch das Verfahren der Inanspruchnahme für alle Pauschalierungsvorschriften neu geregelt werden (§ 40 Abs. 4 EStG). Die Ausübung hat nunmehr grundsätzlich durch Übermittlung bzw. Abgabe einer entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldung zu erfolgen (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 01.09 2021 – VI R 38/19).
Wenn sich der Arbeitgeber aufgrund von Feststellungen im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung dafür entscheidet, von dem Pauschalierungswahlrecht Gebrauch zu machen, kann er dies dem Betriebsstättenfinanzamt durch eine einfache Erklärung angeben. Diese ist spätestens bis zur Bestandskraft der aufgrund der Lohnsteuer-Außenprüfung erlassenen Bescheide abzugeben. Die pauschale Lohnsteuer wird dann vom Betriebsstättenfinanzamt durch Steuerbescheid festgesetzt.
Konzernklausel für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen
Der Anwendungsbereich der Steuervergünstigung des § 19a EStG (Steuerstundung für größerer Mitarbeiter-beteiligungen) soll rückwirkend ab 2024 auch auf die Übertragung von Anteilen an Konzernunternehmen erweitert werden. Eine solche Klausel gab es bisher nur bei der auf 2.000 Euro begrenzten Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 39 EStG; vgl. dazu auch unsere News zum Zukunftsfinanzierungsgesetz).
Der Anteil an einem Konzernunternehmen kann nur dann steuerbegünstigt übertragen werden, wenn die Schwellenwerte für die Unternehmensgröße (§ 19a Absatzes 3 EStG) in Bezug auf die Gesamtheit aller Konzernunternehmen nicht überschritten werden und die Gründung keines Konzernunternehmen mehr als 20 Jahre zurückliegt.
Regelungslücke beim Lohnsteuerjahresausgleich soll geschlossen werden
Seit 2023 sind bestimmte Arbeitstage bei der Bestimmung des Lohnzahlungszeitraums nicht mehr mitzuzählen. Das sind Arbeitstage, an denen Arbeitnehmende Arbeitslohn bezogen haben, der nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegt (z. B. Bezug von steuerfreiem Arbeitslohn nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder tageweise Beschäftigung im Inland). Bisher war aber für manche Fälle der Lohnsteuerjahresausgleich nicht ausgeschlossen, wodurch die Wirkung der in diesen Fällen neuerdings anzuwendenden Tagestabelle wieder aufgehoben werden konnte.
Diese vom Gesetzgeber als solche erkannte Regelungslücke soll nun mit Wirkung ab 2024 geschlossen werden. Der Bezug von ausländischen Einkünften, von denen keine inländische Lohnsteuer einbehalten wurde, soll künftig zum Ausschluss des Lohnsteuer-Jahresausgleich führen. (Änderung des § 42b Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG). Eine weitere Ergänzung (§ 42b Abs. 1 Satz 4 EStG) soll verhindern, dass Tatbestände, die außerhalb des konkreten Dienstverhältnisses verwirklicht werden, zum Ausschluss des Lohnsteuer-Jahresausgleichs führen. Diese sind dem Arbeitgeber regelmäßig nicht bekannt.
Anpassung der Lohnsteuerfreibeträge
Der Starttermin 01.10. für das Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren des Folgejahres wurde noch für das Verfahren der Papierlohnsteuerkarte festgelegt und ist durch die Einführung der ELStAM nach Ansicht des Gesetzgebers überholt. Durch die Verschiebung des Starttermins auf den 01.11. soll zukünftig ein rechtzeitiger und qualitätsgesicherter Programmeinsatz gewährleistet werden (§ 39a Abs. 2 EStG).
Zukünftig kann zudem ein anteiliger Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b Abs. 4 EStG) bei dauerndem Getrenntleben von Ehegatten/Lebenspartnern ab dem Monat der Trennung als Freibetrag für das Lohnsteuerabzugsverfahren gebildet werden. Damit werden Vorgaben des BFH (Urteil vom 28.10.2021 – III R 17/20) auch für das Lohnsteuerabzugsverfahren gesetzlich geregelt. Die Antragsgrenze für einen Freibetrag von 600 Euro ist dabei auch für den anteiligen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach der neuen Nr. 9 in § 39a EStG maßgebend.
ELStAM soll ergänzt werden
Benötigt ein Arbeitgeber für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM), stellt ihm das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) diese zum Abruf bereit. Grundsätzlich bildet es die ELStAM automatisiert auf der Grundlage der gespeicherten Daten (ELStAM-Datenbank).
Bildet hingegen das Finanzamt auf Antrag von Arbeitnehmenden Lohnsteuerabzugsmerkmale, übermittelt es diese zunächst dem BZSt. Damit den Arbeitgebern die ELStAM zum Abruf bereitgestellt werden können, wird die gesetzliche Aufzählung um weitere notwendige Daten ergänzt, die vom BZSt gespeichert werden dürfen (§ 39e Abs. 2 EStG). Dazu gehören:
- bei Verheirateten, ob und in welchem Zeitraum der Ehegatte im Inland nicht meldepflichtig ist oder die Ehegatten dauernd getrennt leben,
- die Bildung einer geringeren Zahl der Kinderfreibeträge als Lohnsteuer-abzugsmerkmal (§ 38b Abs. 3),
- Freibeträge (§ 39a Abs. 1 EStG),
- ein Grad der Behinderung sowie der Gültigkeitszeitraum,
- ob und in welchem Zeitraum der oder die Beschäftigte die Voraussetzungen für einen Hinterbliebenen-Pauschbetrag erfüllt,
- und das Datum, ab dem die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale dem Arbeitgeber zum Abruf bereitgestellt werden (Referenzdatum).
Zuordnung des Besteuerungsrechts in der Freistellungsphase vor Beendigung eines Arbeitsverhältnisses
Bezieht ein im Ausland ansässiger Arbeitnehmender in einer Freistellungsphase vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses weiterhin Arbeitslohn, wird dieser nicht für eine im Inland ausgeübte oder verwertete Tätigkeit gewährt, auch wenn der oder die Betroffene vor der Arbeitsfreistellung seine Tätigkeit ausschließlich im Inland ausgeübt hat. Diese Einkünfte unterliegen daher gegenwärtig regelmäßig nicht der Besteuerung in Deutschland.
Mit einer Neuregelung des § 50d Abs. 15 EStG soll das ab Verkündung des Gesetzes geändert werden, falls das DBA keine eindeutige Zuordnungsregelung trifft. Die beschränkte Steuerpflicht wird entsprechend erweitert (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. f EStG), weil die Arbeit während dieser Zeit ohne die Freistellung in Deutschland ausgeübt worden wäre.