Nach § 3b Abs. 1 EStG sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie bestimmte Prozentsätze des Grundlohns nicht übersteigen.
Das FG Schleswig-Holstein hatte zu entscheiden, ob bei den Aufzeichnungen des Arbeitgebers für die Anwendung des § 3b EStG Voraussetzung ist, dass die Anfangs- und Schlusszeiten der – hier – Nachtarbeit enthalten sind.
Steuerfreie Zuschläge nach § 3b EStG
Nach § 3b Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG ist Grundlohn der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht. Laufender Arbeitslohn ist das dem Arbeitnehmer regelmäßig zufließende Arbeitsentgelt.
Für die steuerfreien Zuschläge ist Voraussetzung, dass sie neben dem Grundlohn geleistet werden. Sie dürfen nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleistete Tätigkeit sein. Im Arbeitsvertrag ist hierfür regelmäßig zwischen der Grundvergütung und den Erschwerniszuschlägen zu unterschieden und ein Bezug zwischen der zu leistenden Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit und der Lohnhöhe herzustellen.
Zuschläge können daher nach § 3b EStG nur steuerfrei geleistet werden, wenn und soweit der Arbeitnehmer für die zuschlagsbewehrte Tätigkeit auch Anspruch auf Grundlohn hat.
Finanzamt verlangt Angabe der Uhrzeit
Im Rahmen einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger an seine Arbeitnehmer teilweise Nachtzuschläge gezahlt und diese als steuerfrei behandelt hatte. Nachtarbeit wird nach § 3b Abs. 2 Satz 2 EStG in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr erbracht.
Allerdings seien die Stundenaufzeichnungen des Klägers nicht hinreichend konkret, da weder Arbeitsbeginn noch Arbeitsende daraus hervorgingen. Allein die Aufzeichnung der Arbeitsdauer während der steuerbegünstigten Zeiten sei nicht ausreichend. Aus den vorliegenden Unterlagen ging hervor, welcher Mitarbeiter an welchem Tag wieviel Zeit zu welchen Konditionen (wieviel EUR pro Stunde) innerhalb der begünstigten Zeit gearbeitet hat.
Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Angabe der Uhrzeit unerlässlich sei. Eine Prüfung, ob Zuschläge tatsächlich für die steuerlich begünstigten Zeiten gezahlt worden seien, sei nur dann möglich, wenn die Uhrzeiten aufgezeichnet würden und anhand dieser Uhrzeiten ein Abgleich mit den tatsächlichen Begebenheiten, wie z.B. Öffnungszeiten des Betriebes, Überschneidungen mit anderen Terminen, erfolgen könne. Ohne diese Aufzeichnungen des Arbeitsbeginns und -endes sei eine Prüfung der Arbeitsleistung in den begünstigten Zeiten nicht möglich.
FG: Anfangs- und Schlusszeit keine materielle Voraussetzung
Dem FG Schleswig-Holstein dagegen reichten die Auszeichnungen des Klägers aus (Urteil v. 9.11.2022, 4 K 145/20). Zwar sei dem Finanzamt dahingehend zuzustimmen, dass die Steuerfreiheit als steuergünstige Tatsache grundsätzlich vom Steuerpflichtigen darzulegen und zu beweisen ist; dies führe aber nicht dazu, dass § 3b EStG unanwendbar ist, wenn in den Aufzeichnungen keine genaue Anfangs- und Schlusszeit festgehalten wird.
§ 3b EStG sehe – anders als z.B. § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG – eine solche konkrete inhaltliche Aufzeichnungspflicht für die Begünstigung nicht vor und könne daher auch keine materielle Voraussetzung für die Steuerbefreiung darstelle. Zudem sei festzustellen, dass auch sonst keine Rechtsgrundlage erkennbar ist, wonach die Anwendung der Norm trotz unstreitigen Vorliegens ihrer materiell-rechtlichen Voraussetzungen unanwendbar bleiben sollte.
Rechtsprechung des BFH
Auch aus der Rechtsprechung des BFH ergebe sich nichts Anderes. Zwar sei z. B. dem BFH-Urteil v. 8.12.2011, VI R 18/11, zu entnehmen, dass „grundsätzlich“ Einzelaufstellungen erforderlich sind. Aufgrund der Einzelaufzeichnungen soll sichtbar werden, dass die fraglichen Lohnzahlungen tatsächlich „für“ konkret geleistete Nachtarbeit erbracht wurden. Entscheidend sei, dass erkennbar werde, dass der Arbeitgeber den zusätzlichen Lohn nicht pauschal, sondern in Ansehung der vom Arbeitnehmer im Einzelnen und in den begünstigten Zeiten erbrachten Arbeitsleistung gezahlt habe.
Dem Urteil sei aber auch zu entnehmen, dass eine Einzelaufstellung verzichtbar ist, wenn die Voraussetzungen aus anderen Gründen als erfüllt angesehen werden können. Die Aufzeichnungen sollen letztlich nur ein Mittel der Beweisführung darstellen.
Damit seien weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung Gründe zu entnehmen, im Urteilsfall von einer Anwendung des § 3b EStG abzusehen, so das FG. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Norm lägen unstreitig vor.
Die Entscheidung des FG ist rechtskräftig.