Verrechnung überzahlter oder zu Unrecht gezahlter SV-Beiträge

Regelmäßig kommt es vor, dass Arbeitgeber die Entgeltzahlungen ihrer Arbeitnehmenden rückwirkend korrigieren müssen. Kommt es zu einer Überzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, kann eine Verrechnung die Lösung sein. Dabei ist jedoch einiges zu beachten.

Arbeitgeber können zu Unrecht gezahlte Beiträge mit künftigen Beitragsansprüchen aufrechnen. Dieser in der Sozialversicherung als „Verrechnung“ bezeichnete Prozess ist Routine bei der monatlichen Entgeltabrechnung und Beitragszahlung. Er wird in der Regel ohne großen Aufwand über die Entgeltabrechnungsprogramme gesteuert.

Aber aufgepasst: Eine Verrechnung erfordert mehr als das bloße Absetzen überzahlter Beträge mit der nächsten Beitragsnachweisung. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung geben die Richtung vor. Bei unzulässiger Verrechnung droht unter Umständen die Wiedereinzahlung der Beiträge.

Grundsätze für die Verrechnung und Erstattung

In den „Gemeinsamen Grundsätzen für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge aus einer Beschäftigung“ (Erstattungsgrundsätze) beschreiben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung, wie sich Arbeitgeber im Falle einer Beitragsüberzahlung verhalten sollten. 

Zu Unrecht gezahlte SV-Beiträge: Erstattungsantrag oder Verrechnung?

Der Arbeitgeber entscheidet, ob er zu Unrecht gezahlte Beiträge

  • mit der laufenden Beitragszahlung an die Einzugsstelle verrechnet oder
  • gemeinsam mit dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin mit einem Erstattungsantrag schriftlich bei der Einzugsstelle zurückfordert.

Die Verrechnung ist für Arbeitgeber weniger aufwendig, weil sie in der Regel automatisch über die Entgeltabrechnungssoftware erfolgt. Verrechnet werden kann aber nur innerhalb bestimmter Fristen.

Verrechnung mit der laufenden Beitragszahlung an die Einzugsstelle

Wie die tatsächliche Verrechnung überzahlter Beiträge zu erfolgen hat, ist in den Beitragsnachweis-Grundsätzen der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung geregelt. Danach können Beitragskorrekturen aus Vormonaten grundsätzlich durch Absetzung der überzahlten Beträge im laufenden Beitragsmonat erfolgen. Ausgewiesen im Beitragsnachweis(-Datensatz) wird insofern die Differenz zwischen den im aktuellen Monat zu zahlenden und den für abgelaufene Monate überzahlten Beiträgen. Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, den ursprünglich übermittelten Beitragsnachweis-Datensatz für abgelaufene Beitragsmonate zu stornieren (das Beitragssoll wird vollständig abgesetzt) und für denselben Zeitraum einen neuen Beitragsnachweis-Datensatz zu übermitteln.

Verrechnung überzahlter Beiträge nicht uneingeschränkt möglich

Überzahlte Beiträge in voller Höhe (Beiträge waren für alle oder nur einzelne Versicherungszweige gar nicht zu zahlen, weil zum Beispiel keine Versicherungspflicht bestand) dürfen nur innerhalb von sechs Monaten und solche in nicht voller Höhe (Beitragsteile wurden überzahlt, weil Teile des Arbeitsentgelts beitragsfrei waren) innerhalb von 24 Monaten verrechnet werden. Die Abwicklung erfolgt über das Beitragsnachweis-Verfahren.

Wichtig: Die Frist beginnt mit dem Kalendermonat, der dem mit falschen Beiträgen belegten Kalendermonat folgt. Je nach Sachlage muss die Verrechnung mit der Beitragsnachweisung also spätestens sechs bzw. 24 Kalendermonate danach erfolgen.

Beispiele:

A) Im Beitragsmonat Juni 2023 wurden Beiträge in voller Höhe irrtümlich gezahlt. 

Ergebnis: Der maßgebende Sechs-Monats-Zeitraum endet am 31. Dezember 2023, sodass spätestens mit der Beitragsnachweisung für Dezember 2023 eine Verrechnung erfolgen muss.

B) Im Beitragsmonat August 2023 wurden Beitragsanteile falsch berechnet. 

Ergebnis: Der maßgebende 24-Monatszeitraum endet am 31. August 2025, sodass spätestens mit der Beitragsnachweisung im August 2025 eine Verrechnung erfolgen muss.

SV-Beiträge verrechnen: Voraussetzungen

Der Arbeitgeber darf überzahlte Beiträge nur verrechnen, wenn

  • er sicherstellt, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die von ihm getragen Beitragsanteile zurückerhält,
  • der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin bei Verrechnung von Beiträgen in voller Höhe schriftlich erklärt, dass ihm/ihr kein Bescheid über eine Forderung eines Leistungsträgers (Krankenkasse, Pflegekasse, Rentenversicherungsträger, Agentur für Arbeit) vorliegt und
  • seit Beginn des Erstattungszeitraums keine Leistungen der Kranken-, Pflege-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung gewährt wurden.

Bei der Verrechnung von Beitragsteilen muss sichergestellt sein, dass der überhöhte Betrag nicht bei der Bemessung von Geldleistungen an den/die Arbeitnehmende zugrunde gelegt wurde. Darüber hat der Arbeitgeber in der Regel Kenntnis, weil er Angaben gegenüber der Krankenkasse oder dem Rentenversicherungsträger zur Berechnung von Kranken-, Übergangs- oder Mutterschaftsgeld machen bzw. die Höhe des von ihm beitragspflichtig behandelten Arbeitsentgelts bescheinigen musste.

Achtung: Verrechnung ausgeschlossen bei Betriebsprüfung

Eine Beitragsverrechnung scheidet aus, soweit für den Erstattungszeitraum oder für Teile des Erstattungszeitraums eine Betriebsprüfung durch die Rentenversicherung stattgefunden hat. In diesen Fällen ist zwingend ein Erstattungsantrag zu stellen, sofern der Betriebsprüfer das Guthaben in dem Prüfbescheid nicht ausdrücklich zur Verrechnung freigibt.

Alternative: Erstattungsantrag für zu Unrecht gezahlte Beiträge

Sofern sich eine Verrechnung nicht anbietet, nicht zulässig oder z. B. wegen Zeitablaufs ausgeschlossen ist, werden zu Unrecht gezahlte Beiträge auf Antrag erstattet. Hierfür sollte der offizielle „Antrag auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung“ der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung genutzt werden.

Der Erstattungsantrag ist immer bei der zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse oder Minijob-Zentrale) zu stellen. Dies gilt selbst dann, wenn beispielsweise nur Rentenversicherungsbeiträge zurückgefordert werden. Die Einzugsstelle entscheidet nach den in den Erstattungsgrundsätzen genannten Kriterien, ob sie den Antrag gegebenenfalls zuständigkeitshalber zur weiteren Bearbeitung an den Rentenversicherungs-träger oder die Agentur für Arbeit weiterleiten muss.
 

Pauschalversteuerung einer Betriebsveranstaltung

Pauschalversteuerung einer Betriebsveranstaltung

 TOP-THEMA 28.05.2024 Betriebsveranstaltungen22

Haufe Online Redaktion

Haufe Online RedaktionKAPITEL

Pauschalversteuerung einer Betriebsveranstaltung
Bild: PixabayAuch der Fiskus freut sich, wenn in Betrieben gefeiert wird.

Wird bei einer Betriebsveranstaltung der Freibetrag von 110 Euro überschritten, liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Für den über 110 Euro hinausgehenden Restbetrag besteht jedoch die Möglichkeit der Lohnsteuerpauschalierung.

Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen kann mit 25 Prozent pauschal besteuert werden (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG). Das kommt für die geldwerten Vorteile in Betracht, sofern der Freibetrag von 110 Euro bzw. die Grenze von zwei Veranstaltungen im Jahr überschritten sind.

Betriebsveranstaltung: Pauschalbesteuerung mit 25 Prozent

Bei einer Pauschalierung der Lohnsteuer mit 25 Prozent ist zu beachten, dass

  • ein Antrag beim Finanzamt für die Pauschalierung nicht erforderlich ist,
  • die Pauschalierung auch für nur wenige betroffene Mitarbeitende zulässig ist,
  • zusätzlich zur pauschalen Lohnsteuer ein Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent und gegebenenfalls pauschale Kirchensteuer anfällt und
  • die Pauschalierung der Lohnsteuer Sozialversicherungsfreiheit auslöst.

Vorteile durch pauschale Versteuerung der Betriebsveranstaltung

Die Möglichkeit der Lohnsteuerpauschalierung kommt für jene Beträge in Betracht, die bei der einzelnen Veranstaltung die Grenze von 110 Euro übersteigen. Die Pauschalversteuerung ist aber auch möglich, wenn einzelne Arbeitnehmende an mehr als zwei Betriebsveranstaltungen im Kalenderjahr teilnehmen. In diesem Zusammenhang kann es sinnvoll sein, eine zuvor aus den ersten beiden Betriebsveranstaltungen nicht versteuerte Zuwendung nachträglich pauschal zu versteuern. Dadurch kann die Steuerfreiheit für eine weitere Betriebsveranstaltung genutzt werden. Alternativ zur pauschalen Besteuerung kann die Zuwendung mit den individuellen Merkmalen des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin (ELStAM) besteuert werden.

Achtung: Auswirkungen in der Sozialversicherung

Versteuert der Arbeitgeber eine Zuwendung aus Anlass einer Betriebsveranstaltung individuell, handelt es sich um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt. Eine steuerfreie oder eine vom Arbeitgeber pauschal besteuerte Zuwendung aus Anlass einer Betriebsveranstaltung stellt hingegen kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung dar. Wird die Wahl der Versteuerung (pauschal oder individuell) nachträglich geändert, wirkt sich dies auf die Beitragspflicht in der Sozialversicherung aus. Maßgeblich ist, zu welchem Zeitpunkt die Lohnsteuerbescheinigung ausgestellt wird. Eine beitragsrechtliche Korrektur ist nur bei einer steuerrechtlichen Korrektur durch den Arbeitgeber bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung möglich. Dafür ist der 28. Februar des Folgejahres als spätester Termin vorgesehen.

Beispiel: Der Arbeitgeber veranstaltet im Februar 2023 ein Fest. Die Kosten betragen 20 Euro pro Teilnehmer bzw. Teilnehmerin. Diese werden als steuer- und beitragsfreie Zuwendung abgerechnet. Das im Juli 2023 stattfindende Sommerfest, dessen Kosten 80 Euro pro Teilnehmer bzw. Teilnehmerin betragen, rechnet er ebenfalls als steuer- und beitragsfreie Zuwendung ab. Im Dezember 2023 veranstaltet der Arbeitgeber eine Weihnachtsfeier, deren Kosten 100 Euro pro Teilnehmer bzw. Teilnehmerin betragen.Für die Zuwendungen an Arbeitnehmende, die bereits an den Festen im Februar und Juli 2023 teilgenommen haben, bleibt neben der individuellen Versteuerung nur die Möglichkeit der Pauschalversteuerung. Der Arbeitgeber kann auch rückwirkend die Kosten für das Fest im Februar pauschal besteuern und die Kosten des Weihnachtsfestes im Dezember 2023 steuerfrei belassen. Nimmt er diese Abwicklung bis zur Ausstellung der Lohnsteuerbescheinigung vor, also spätestens bis 29. Februar 2024, bleiben die Zuwendungen der drei Betriebsveranstaltungen beitragsfrei in der Sozialversicherung.

Pauschalversteuerung von Betriebsveranstaltungen: Beispiel zur Berechnung

Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen kann nach § 40 Abs. 2 EStG pauschal mit 25 Prozent versteuert werden.

Beispiel: An einer Weihnachtsfeier nehmen 100 Mitarbeitende des Arbeitgebers teil. Die Aufwendungen des Arbeitgebers betragen 13.000 Euro (= 130 Euro pro Teilnehmer/Teilnehmerin; ohne Verlosungsgewinn). Bei der anlässlich der Weihnachtsfeier durchgeführten Tombola gewinnt ein Mitarbeiter ein Fahrrad im Wert von 2.000 Euro.Zu den Gesamtkosten gehören alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich der Kosten für den Verlosungsgewinn. Die gesamten Aufwendungen von 15.000 Euro sind auf die 100 Teilnehmenden zu verteilen, sodass sich ein Pro-Kopf-Anteil von 150 Euro ergibt. Nach Abzug des Freibetrags von 110 Euro sind 40 Euro pro Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin (= 4.000 Euro insgesamt) steuerpflichtig. Die pauschale Lohnsteuer beträgt 1.000 Euro.

Eine Pauschalierung der Lohnsteuer kommt von vornherein nicht in Betracht, wenn es sich bei der Veranstaltung nicht um eine Betriebsveranstaltung handelt. Was als Betriebsveranstaltung gilt und was nicht, lesen Sie hier.

Pauschalbesteuerung bei Betriebsveranstaltungen auch auf Leiharbeitnehmende anwendbar

Zuwendungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen an Mitarbeitende von anderen Unternehmen im Konzernverbund sowie an Leiharbeitnehmende durch den Entleiher können wahlweise vom Zuwendenden oder vom Arbeitgeber versteuert werden. Die Pauschalbesteuerung ist auch insoweit anwendbar.

Wendet der Zuwendende die 110-Euro-Freibetragsregelung an, soll er sich nach Verwaltungsanweisung beim Arbeitgeber vergewissern, dass für den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Der Entleiher müsste also beispielsweise fragen, wie oft der Leiharbeiter oder die Leiharbeiterin schon beim Arbeitgeber oder bei anderen Entleihern gefeiert hat. Es bleibt schleierhaft, wie das in der Unternehmenspraxis gehandhabt werden kann.

Hinweis: Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 14. Oktober 2015, IV C 5 – S 2332/15/10001

So bleiben Feiertagszuschlag und Sonntagszuschlag steuerfrei

An Sonn- und Feiertagen arbeiten Arbeitnehmende selten gerne und freiwillig. Deshalb zahlen viele Unternehmen ihren Mitarbeitenden zusätzlich zum normalen Lohn einen Sonn- oder Feiertagszuschlag. Ebenso wird Nachtarbeit oftmals zusätzlich vergütet. Beachten Arbeitgeber die steuerlichen Vorschriften, bleiben diese Zuschläge steuerfrei. Die Gerichte haben sich zuletzt mit mehreren Zweifelsfragen beschäftigt.

Lohnzuschläge bleiben in begrenztem Umfang steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags- oder Feiertagsarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden. Ein Feiertagszuschlag für die Arbeit an gesetzlichen Feiertagen bleibt steuerfrei, wenn der Zuschlag 125 Prozent des Grundlohns nicht übersteigt. Ein Sonntagszuschlag bleibt steuerfrei, wenn er 50 Prozent des Grundlohns nicht übersteigt.

Für die Steuerbefreiung ist eine zusätzliche Lohnzahlung erforderlich. Das bedeutet, der Zuschlag darf nicht aus dem arbeitsrechtlich geschuldeten Lohn „herausgerechnet“ werden.

Steuerfreiheit bedeutet nicht immer zugleich Beitragsfreiheit

Zwischen Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht gibt es einen wichtigen Unterschied: Für die Beitragsfreiheit darf der Grundlohn mit maximal 25 Euro zugrunde gelegt werden; im Steuerrecht darf der Grundlohn dagegen bis maximal 50 Euro betragen.

Lesetipp: Sozialversicherungsbeiträge aus Feiertagszuschlägen richtig berechnen

Feiertagszuschlag: Wann Arbeit als „Feiertagsarbeit“ zählt

Als Feiertagsarbeit gilt die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 24 Uhr des jeweiligen Feiertags. Auch die Arbeit am Folgetag von 0 Uhr bis 4 Uhr gilt als Feiertagsarbeit, wenn der Dienst am Feiertag begonnen wurde. 

Der steuerfreie Feiertagszuschlag darf nur für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt werden und 125 Prozent des Grundlohns nicht übersteigen. 

An einigen Feiertagen gelten noch großzügigere Ausnahmen: Für Arbeit am Heiligabend, am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag sowie am 1. Mai bleiben sogar bis zu 150 Prozent unbesteuert.

Sonntagszuschlag und Feiertagszuschlag schließen sich aus

Der Feiertagszuschlag von 125 (bzw. ausnahmsweise 150) Prozent und der Sonntagszuschlag von 50 Prozent sind steuerlich nicht nebeneinander begünstigt. Es ist also nicht zulässig, insgesamt Zuschläge von 175 (bzw. 200) Prozent steuerfrei abzurechnen (Feiertagszuschlag plus 50 Prozent Sonntagszuschlag).

Nachtarbeitszuschlag zusätzlich zum Feiertagszuschlag zahlbar

Wird an Sonntagen und Feiertagen hingegen zusätzlich Nachtarbeit geleistet, kann neben dem steuerfreien Feiertagszuschlag zusätzlich der Nachtarbeitszuschlag in Höhe von bis zu 25 Prozent gezahlt werden. Als Nachtarbeit gilt die Arbeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr. 

Wird an Sonntagen und Feiertagen oder in der zu diesen Tagen gehörenden Zeit Nachtarbeit geleistet, ist der steuerfreie Zuschlagssatz für Nachtarbeit mit dem steuerfreien Zuschlagssatz für Sonntags- oder Feiertagsarbeit auch dann zusammenzurechnen, wenn nur ein Zuschlag gezahlt wird (R 3b Abs. 3 LStR 2023).

Lesetipp: Gesetzlicher Anspruch auf 25 Prozent Nachtzuschlag

Steuerfreier Zuschlag berechnet sich nach Grundlohn

Grundsätzlich ist die Höhe des Zuschlags zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmenden frei verhandelbar. Steuerfrei bleibt er allerdings nur bis zu den zuvor genannten Prozentsätzen des sogenannten Grundlohns. Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin bei der für ihn/sie maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht.

Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass es für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge ohne Belang ist, ob und in welchem Umfang der Grundlohn den Arbeitnehmenden tatsächlich zufließt. Entscheidend ist der vereinbarte Arbeitslohn (Urteil vom 10. August 2023 – VI R 11/21, BStBl. 2024 II S. 202). Der betroffene Arbeitgeber hatte bei der Berechnung des für die Zuschläge maßgeblichen Grundlohns aufgrund einer Gehaltsumwandlung an eine Unterstützungskasse entrichtete Beiträge einbezogen. Das hat der BFH bestätigt. Der Grundlohn kann damit in der Praxis – wie im hier vorliegenden Fall durch Zahlungen des Arbeitgebers an Dritte – vom zufließenden Arbeitslohn abweichen.

Grundlohn: Anspruch entscheidend

Der Grundlohn ist in einen Stundenlohn umzurechnen und steuerlich mit höchstens 50 Euro anzusetzen. Vereinfacht gesagt wird das monatlich (zustehende) Bruttogehalt des jeweiligen Arbeitnehmenden durch die monatliche Arbeitszeit dividiert – das ergibt den maßgeblichen Grundlohn. Multipliziert man den Grundlohn (maximal 50 Euro pro Stunde) mit dem prozentualen Feiertagszuschlag, erhält man den steuerfreien Feiertagszuschlag. Dieser Betrag kann mit den „steuerfreien“ Arbeitsstunden an den Feiertagen multipliziert werden.

Überstundenzuschläge und Mehrarbeitszuschläge immer steuerpflichtig

Überstundenzuschläge und Mehrarbeitszuschläge zählen zum steuerpflichtigen Arbeitslohn; sie sind zusammen mit den übrigen Bezügen monatlich abzurechnen. Steuer- und beitragsfrei sind nur die Sonntagszuschläge, die Feiertagszuschläge und die Nachtarbeitszuschläge – und die wie oben beschrieben auch nur innerhalb bestimmter Grenzen. Alle anderen Zuschläge sind grundsätzlich steuer- und beitragspflichtig.

Die Steuerfreiheit des Feiertagszuschlags, des Sonntagszuschlags und des Nachtzuschlags sowie die Berechnung des Grundlohns sind in § 3b des Einkommensteuergesetzes gesetzlich geregelt. Weitere Ausführungen und Berechnungsbeispiele enthalten R 3b der Lohnsteuerrichtlinien 2023 und H 3b der Amtlichen Hinweise im Lohnsteuerhandbuch 2024.

Lesetipp: SFN-Zuschläge bei Minijobs richtig berücksichtigen

Überstunden- und Mehrarbeitszuschläge immer steuerpflichtig

Überstundenzuschläge und Mehrarbeitszuschläge zählen zum steuerpflichtigen Arbeitslohn; sie sind zusammen mit den übrigen Bezügen monatlich abzurechnen. Steuer- und beitragsfrei sind nur die Sonntagszuschläge, die Feiertagszuschläge und die Nachtarbeitszuschläge – und die auch nur innerhalb bestimmter Grenzen. Alle anderen Zuschläge sind grundsätzlich steuer- und beitragspflichtig.

Pauschale Nachtzuschläge sind nicht steuerfrei

Nachtzuschläge sind nur dann steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete (Nacht-)Arbeit gezahlt werden. Dies gilt sinngemäß auch für Sonntagszuschläge und Feiertagszuschläge. Die Steuerbefreiung für Zuschläge setzt grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich (in der Nacht) erbrachten Arbeitsstunden voraus.

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Zuschläge, die pauschal vergütet werden – das heißt, ohne Rücksicht darauf, wann die Tätigkeit erbracht wurde -, nicht zu den steuerfreien Feiertagszuschlägen, Sonntagszuschlägen oder Nachtzuschlägen gehören können (Urteil vom 29. November 2016, Aktenzeichen VI R 61/14). Auch wenn tatsächlich zu den begünstigten Zeiten gearbeitet wurde: Wird die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit lediglich allgemein abgegolten und liegen keine Einzelnachweise vor, können diese Zuschläge nicht steuerfrei abgerechnet werden.

Ein neueres Urteil weist jedoch darauf hin, dass die Aufzeichnungen keinen Selbstzweck erfüllen. Liegen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit unstreitig vor, dann bildet der bloße Umstand, dass die Aufzeichnungen des Arbeitgebers keine genaue Anfangszeit und Schlusszeit der jeweiligen Nachtarbeit beinhalten, keinen Grund, um von einer Anwendung des § 3b EStG abzusehen (FG Schleswig-Holsteinisch, Urteil vom 9. November 2022, Aktenzeichen 4 K 145/20; rechtskräftig). Im Urteilsfall stand fest, dass die vom Kläger in seinen Aufzeichnungen festgehaltenen Personen die Nachtarbeit durchgeführt hatten und dass die aufgezeichneten Summen entsprechend den Aufzeichnungen neben dem Grundlohn für die Nachtarbeit bezahlt und die Höchstgrenzen (25 Prozent des Grundlohns) nicht überschritten wurden. Angeben wurde aber lediglich der Zeitrahmen und die darin geleistete Stundenzahl (z. B. 4 Stunden innerhalb der Zeit von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr). Weil es sich nicht um eine höchstrichterliche Entscheidung handelt, ist die Anwendung in der Praxis jedoch risikobehaftet.

Steuerfreie Zuschläge müssen einzeln abgerechnet werden

Die Steuerpflicht pauschaler Zuschläge wurde hingegen auch vom Finanzgericht Düsseldorf bestätigt (Urteil vom 27. November 2020, Aktenzeichen 10 K 410/17 H (L); rechtskräftig). Der Arbeitgeber im Urteilsfall betrieb ein Kino und zahlte an einige der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen neben dem Grundlohn eine monatliche Pauschale für Nacht- und/oder Sonntagsarbeit. Zur Begründung machte der Arbeitgeber geltend, dass die pauschalen Zuschläge so bemessen worden seien, dass sie innerhalb der steuerfreien Grenzen bleiben würden. Trotzdem hat das Finanzgericht die Steuerfreiheit verweigert. Der Arbeitgeber hätte eine Einzelabrechnung der geleisteten Stunden erstellen müssen. Diesen Anforderungen genügte die vorgelegte Kontrollrechnung nach Auffassung des Gerichts nicht.

Ausnahme: Abschlagszahlung oder Vorschuss

Pauschale Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit können ausnahmsweise steuerfrei bleiben, wenn sie als Abschlagszahlung oder Vorschuss geleistet werden. Erforderlich ist eine Verrechnung der pauschal gezahlten Zuschläge mit den tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden an Sonntagen, Feiertagen und zur Nachtzeit. Wichtig: Das muss jeweils vor dem Erstellen der Lohnsteuerbescheinigung erfolgen (vgl. BFH, Urteil vom 8. Dezember 2011 Aktenzeichen VI R 18/11).

Begünstigte Tätigkeit muss nicht anstrengend sein

Für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiungsvorschrift genügt es, wenn Beschäftigte zu den genannten Zeiten

  • im Interesse ihres Arbeitgebers tatsächlich tätig werden,
  • für die Tätigkeit ein Vergütungsanspruch besteht und
  • noch zusätzlich Zuschläge gewährt werden.

Ob die zu diesen Zeiten verrichtete Tätigkeit die Arbeitnehmenden in besonderer Weise fordert oder ihnen „leicht von der Hand“ geht, ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht entscheidend (Urteil vom 16. Dezember 2021 – VI R 28/19). Im Ergebnis konnten Zuschläge für Profisportler für die Fahrten im Mannschaftsbus zu Auswärtsspielen steuerfrei gezahlt werden.

Hinweis:  Für die Beiträge zur Sozialversicherung besteht keine vollständige Übereinstimmung mit dem Steuerrecht. Was bei der Berechnung von SV-Beiträgen aus Feiertagszuschlägen zu beachten ist, lesen Sie hier.

FAQ zu Geschenken an Mitarbeitende und Geschäftsfreunde

Geschenke im Unternehmenskontext machen nicht nur Freude – gerade in Finanzbuchhaltung und Entgeltabrechnung. Kaum ein Mitarbeitender kennt die Vorschriften zur Dokumentation, von den Grenzen bei Betriebsausgabenabzug und Lohnsteuer ganz zu schweigen. Deswegen sind Geschenke auch ein Lieblingsobjekt jeder Betriebsprüfung.

Die lohnsteuerlichen Regelungen und Dokumentationspflichten zu Geschenken an Mitarbeitende und Geschäftsfreunde sind vielfältig. Nachfolgend werden die gängigsten Fragen zum Umgang mit Geschenken beantwortet. Sie sind ein Auszug aus dem  Haufe Online-Seminar „Wie Geschenke auch in Fibu und Entgeltabrechnung für Freude sorgen“.

Was sind Streuwerbeartikel und welche Voraussetzungen müssen sie erfüllen?

Das BMF definiert Streuwerbeartikel in seinem Schreiben vom 19. Mai 2015 (IV C 6 – S 2297-b/14/10001) folgendermaßen: „Sachzuwendungen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 10 Euro nicht übersteigen, sind bei der Anwendung des § 37b EStG als Streuwerbeartikel anzusehen“. Bei der weiteren Vergabe von Geschenken in einem Wirtschaftsjahr an denselben Empfänger sind diese bei der 50-Euro-Grenze zu berücksichtigen.

Geschenke: Ist lediglich die Wertigkeit eines einzelnen Artikels zu beachten?

Grundsätzlich zählt bei Geschenken an Mitarbeitende oder Geschäftsfreunde die Wertigkeit des einzelnen Artikels. Wird allerdings eine Sachgesamtheit verschenkt (zum Beispiel Tasse mit Logo, Trinkschoko-Pulver als Füllung für die Tasse und ein Löffel), wird auf den Wert aller Artikel abgestellt.

Müssen Streuwerbeartikel mit Logos versehen sein?

Nein, Streuwerbeartikel müssen nicht immer mit dem Unternehmenslogo versehen sein. Wichtig ist die Absicht der Steigerung des Bekanntheitsgrades durch eine breite Streuung auf viele Empfänger. Ein gutes Beispiel: Ein Weinhändler vergibt an 100 Kunden eine Flasche Wein zum Test.

Muss ein Streuwerbeartikel im Lohnkonto des Mitarbeitenden berücksichtigt werden?

Wenn Sie einem Mitarbeitenden einen Streuwerbeartikel zukommen lassen, ist dies gemäß BMF-Schreiben vom 19. Mai 2015 (IV C 6 – S 2297-b/14/10001) kein Geschenk und damit auch nicht ausweispflichtig im Lohnkonto. Erst wenn die Grenze überschritten wird und ein steuerpflichtiges Geschenk überlassen wird, ist ein Ausweis im Lohnkonto notwendig.

Eine Aufzeichnungspflicht besteht dennoch: Es müssen Angaben zu Bezeichnung, Abgabetag, Abgabeort und Wert erfolgen (Erleichterungen sind möglich).

Müssen nicht in einem Wirtschaftsjahr übergebene Streuwerbeartikel bei der Inventur erfasst und als Bestand erfasst werden?

Nach den Regelungen des Handelsrechts sind grundsätzlich alle Warenbestände und Bestände an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen im Rahmen der Inventur aufgenommen und werden in Inventar und Bilanz ausgewiesen. Hierzu zählen grundsätzlich auch Streuwerbeartikel. Diesem Ansatz folgt auch das Steuerrecht.

Wann ist die 50-Euro-Grenze als Netto und wann als Brutto anzusehen?

Beim vorsteuerabzugsberechtigten Zuwendenden gilt bei der 50-Euro-Grenze der Nettobetrag, sonst der Bruttobetrag. Der Betrag wurde rückwirkend zum 1. Januar 2024 von 35 Euro auf 50 Euro erhöht. Beim Beschenkten ist es eine steuerpflichtige Einnahme, die der Individualbesteuerung zu unterwerfen ist, soweit der Zuwendende nicht die Pauschalbesteuerung nach § 37b EstG gewählt hat.

Ist der Beschenkte über die Steuerübernahme durch den Zuwendenden zu informieren?

Ja, der Zuwendende gibt die Information zur Steuerübernahme an den Beschenkten weiter.

Kann bei Geschenken an Geschäftsfreunde auf die Empfängerangabe verzichtet werden, wenn nach der Art des Gegenstandes auszuschließen ist, dass die 50-Euro-Grenze überschritten wird?

Erlässlich ist die Empfängerangabe lediglich bei Streuwerbeartikeln. Die 50-Euro-Grenze ist eine Jahresgrenze pro Empfänger. Diese lässt sich tatsächlich nur nachvollziehen, wenn die Empfängerangabe dokumentiert wird. 

Geschenke: Wann liegt ein persönlicher Anlass vor und welche Grenze muss beachtet werden?

Ein persönlicher Anlass liegt immer dann vor, wenn er nur den beschenkten Arbeitnehmer betrifft und nicht alle Arbeitnehmenden, zum Beispiel bei Geburtstagen, Geburt des Kindes, Eheschließung, Betriebsjubiläum und so weiter. Geschenke dürfen hier die Grenze von 60 Euro nicht überschreiten, um weiterhin die Steuerfreiheit als Aufmerksamkeit zu genießen. Mit Überschreitung der 60-Euro-Grenze liegt eine lohnsteuerpflichtige Zuwendung an den Arbeitnehmenden vor, welche in der Entgeltabrechnung zu versteuern ist, soweit der Arbeitgeber nicht vom Wahlrecht der Pauschalbesteuerung Gebrauch macht.

Müssen Porto- und Verpackungskosten mit in den Geschenkwert einberechnet werden?

Teils, teils. Die Geschenkverpackung ist in den Geschenkwert einzubeziehen. Die Versandkosten sind nur einzuberechnen, soweit diese für den Weg vom Hersteller / Schenker an den Beschenkten anfallen.

Geschenke: Mit welchem Wert werden eigene Produkte ausgewiesen?

Geschenke sollen die „Bereicherung“ des Beschenkten abbilden, daher ist immer der UVP anzusetzen, auch bei Eigenprodukten. Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten sind nicht zu berücksichtigen.

Diese lohnsteuerlichen Änderungen sind im Jahressteuergesetz 2024 geplant

Der Referentenentwurf für das Jahressteuergesetz 2024 liegt vor. Demnach wird eine neue Pauschalbesteuerung für Mobilitätsbudgets eingeführt, die Arbeitgeber ihren Beschäftigten gewähren können. Auch weitere Änderungen sind für die Praxis relevant. Sie sollen in der zweiten Jahreshälfte 2024 in Kraft treten.

Bereits im April 2024 war ein inoffizieller Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024) bekannt geworden, der eine Vielzahl von Änderungen beinhaltet. Mitte Mai 2024 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun den offiziellen Referentenentwurf veröffentlicht. Aus Lohnsteuersicht ist insbesondere die Einführung einer neuen Pauschalbesteuerungs-möglichkeit für sog. Mobilitätsbudgets erwähnenswert. Anpassungen gibt es unter anderem auch beim  Lohnsteuerjahresausgleich und bei den Freibeträgen für Alleinerziehende. 

Die Änderungen sollen ab dem Inkrafttreten des Gesetzes gelten. Mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist in der zweiten Jahreshälfte 2024 zu rechnen.

Pauschalbesteuerung von Mobilitätsbudgets

Der Arbeitgeber kann bereits heute die Lohnsteuer für zahlreiche Tatbestände mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent erheben (§ 40 Abs. 2 EStG), zum Beispiel für die Übereignung von Datenverarbeitungsgeräten oder Wallboxen.

Neu eingeführt werden soll als Nr. 8 eine Pauschalierungsmöglichkeit, wenn

  • der Arbeitgeber oder auf seine Veranlassung hin ein Dritter den Beschäftigten
  • zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn (§ 8 Absatz 4)
  • Leistungen aus einem sog. Mobilitätsbudget gewährt,
  • soweit diese den Betrag von 2.400 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen (Höchstbetrag).

Als Bemessungsgrundlage für die Pauschalbesteuerung sind die Aufwendungen des Arbeitgebers (einschließlich Umsatzsteuer) zugrunde zu legen.

Ein Mobilitätsbudget ist dabei ein Angebot zur Nutzung von außerdienstlichen Mobilitätsleistungen unabhängig vom Verkehrsmittel in Form eines Sachbezugs oder Zuschusses. Begünstigt sind danach Sachbezüge (z. B. bestimmte zweckgebundene Gutscheine einschließlich entsprechender Gutscheinkarten, digitaler Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen/-Apps oder entsprechende Geldkarten einschließlich Wertguthabenkarten in Form von PrepaidKarten) und Zuschüsse (Geldleistungen wie z. B nachträgliche Kostenerstattungen), die Beschäftigten zur Nutzung von Mobilitätsleistungen und somit zur individuellen Fortbewegung im außerdienstlichen Bereich (insbesondere private Fahrten, Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Familienheimfahrten) gewährt werden.

Erfasst werden Fortbewegungsmöglichkeiten wie E-Scooter ebenso wie die gelegentliche Inanspruchnahme von Car- oder Bike-Sharing-Angeboten und Fahrtdienstleistungen. Die Vorschrift gilt hingegen nicht für Luftfahrzeuge, private Kraftfahrzeuge und dauerhaft überlassene Dienstwagen. Eine bereits bisher mögliche Pauschalierung mit 15% für Fahrtkostenzuschüsse zur ersten Tätigkeitsstätte (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG) schließt die Pauschalierung im Zusammenhang mit dem Mobilitätsbudget ebenfalls aus.

Inanspruchnahme Pauschalbesteuerung

Gleichzeitig mit der neuen Pauschalierungsmöglichkeit soll auch das Verfahren der Inanspruchnahme für alle Pauschalierungsvorschriften neu geregelt werden (§ 40 Abs. 4 EStG). Die Ausübung hat nunmehr grundsätzlich durch Übermittlung bzw. Abgabe einer entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldung zu erfolgen (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 01.09 2021 – VI R 38/19).

Wenn sich der Arbeitgeber aufgrund von Feststellungen im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung dafür entscheidet, von dem Pauschalierungswahlrecht Gebrauch zu machen, kann er dies dem Betriebsstättenfinanzamt durch eine einfache Erklärung angeben. Diese ist spätestens bis zur Bestandskraft der aufgrund der Lohnsteuer-Außenprüfung erlassenen Bescheide abzugeben. Die pauschale Lohnsteuer wird dann vom Betriebsstättenfinanzamt durch Steuerbescheid festgesetzt.

Konzernklausel für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen

Der Anwendungsbereich der Steuervergünstigung des § 19a EStG (Steuerstundung für größerer Mitarbeiter-beteiligungen) soll rückwirkend ab 2024 auch auf die Übertragung von Anteilen an Konzernunternehmen erweitert werden. Eine solche Klausel gab es bisher nur bei der auf 2.000 Euro begrenzten Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 39 EStG; vgl. dazu auch unsere News zum Zukunftsfinanzierungsgesetz).

Der Anteil an einem Konzernunternehmen kann nur dann steuerbegünstigt übertragen werden, wenn die Schwellenwerte für die Unternehmensgröße (§ 19a Absatzes 3 EStG) in Bezug auf die Gesamtheit aller Konzernunternehmen nicht überschritten werden und die Gründung keines Konzernunternehmen mehr als 20 Jahre zurückliegt.

Regelungslücke beim Lohnsteuerjahresausgleich soll geschlossen werden

Seit 2023 sind bestimmte Arbeitstage bei der Bestimmung des Lohnzahlungszeitraums nicht mehr mitzuzählen. Das sind Arbeitstage, an denen Arbeitnehmende Arbeitslohn bezogen haben, der nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegt (z. B. Bezug von steuerfreiem Arbeitslohn nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder tageweise Beschäftigung im Inland). Bisher war aber für manche Fälle der Lohnsteuerjahresausgleich nicht ausgeschlossen, wodurch die Wirkung der in diesen Fällen neuerdings anzuwendenden Tagestabelle wieder aufgehoben werden konnte.

Diese vom Gesetzgeber als solche erkannte Regelungslücke soll nun mit Wirkung ab 2024 geschlossen werden. Der Bezug von ausländischen Einkünften, von denen keine inländische Lohnsteuer einbehalten wurde, soll künftig zum Ausschluss des Lohnsteuer-Jahresausgleich führen. (Änderung des § 42b Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG). Eine weitere Ergänzung (§ 42b Abs. 1 Satz 4 EStG) soll verhindern, dass Tatbestände, die außerhalb des konkreten Dienstverhältnisses verwirklicht werden, zum Ausschluss des Lohnsteuer-Jahresausgleichs führen. Diese sind dem Arbeitgeber regelmäßig nicht bekannt.

Anpassung der Lohnsteuerfreibeträge 

Der Starttermin 01.10. für das Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren des Folgejahres wurde noch für das Verfahren der Papierlohnsteuerkarte festgelegt und ist durch die Einführung der ELStAM nach Ansicht des Gesetzgebers überholt. Durch die Verschiebung des Starttermins auf den 01.11. soll zukünftig ein rechtzeitiger und qualitätsgesicherter Programmeinsatz gewährleistet werden (§ 39a Abs. 2 EStG).     
Zukünftig kann zudem ein anteiliger Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b Abs. 4 EStG) bei dauerndem Getrenntleben von Ehegatten/Lebenspartnern ab dem Monat der Trennung als Freibetrag für das Lohnsteuerabzugsverfahren gebildet werden. Damit werden Vorgaben des BFH (Urteil vom 28.10.2021 – III R 17/20) auch für das Lohnsteuerabzugsverfahren gesetzlich geregelt. Die Antragsgrenze für einen Freibetrag von 600 Euro ist dabei auch für den anteiligen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach der neuen Nr. 9 in § 39a EStG maßgebend.

ELStAM soll ergänzt werden

Benötigt ein Arbeitgeber für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM), stellt ihm das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) diese zum Abruf bereit. Grundsätzlich bildet es die ELStAM automatisiert auf der Grundlage der gespeicherten Daten (ELStAM-Datenbank).

Bildet hingegen das Finanzamt auf Antrag von Arbeitnehmenden Lohnsteuerabzugsmerkmale, übermittelt es diese zunächst dem BZSt. Damit den Arbeitgebern die ELStAM zum Abruf bereitgestellt werden können, wird die gesetzliche Aufzählung um weitere notwendige Daten ergänzt, die vom BZSt gespeichert werden dürfen (§ 39e Abs. 2 EStG). Dazu gehören:

  • bei Verheirateten, ob und in welchem Zeitraum der Ehegatte im Inland nicht meldepflichtig ist oder die Ehegatten dauernd getrennt leben,
  • die Bildung einer geringeren Zahl der Kinderfreibeträge als Lohnsteuer-abzugsmerkmal (§ 38b Abs. 3),
  • Freibeträge (§ 39a Abs. 1 EStG),
  • ein Grad der Behinderung sowie der Gültigkeitszeitraum,
  • ob und in welchem Zeitraum der oder die Beschäftigte die Voraussetzungen für einen Hinterbliebenen-Pauschbetrag erfüllt,
  • und das Datum, ab dem die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale dem Arbeitgeber zum Abruf bereitgestellt werden (Referenzdatum).

Zuordnung des Besteuerungsrechts in der Freistellungsphase vor Beendigung eines Arbeitsverhältnisses

Bezieht ein im Ausland ansässiger Arbeitnehmender in einer Freistellungsphase vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses weiterhin Arbeitslohn, wird dieser nicht für eine im Inland ausgeübte oder verwertete Tätigkeit gewährt, auch wenn der oder die Betroffene vor der Arbeitsfreistellung seine Tätigkeit ausschließlich im Inland ausgeübt hat. Diese Einkünfte unterliegen daher gegenwärtig regelmäßig nicht der Besteuerung in Deutschland.

Mit einer Neuregelung des § 50d Abs. 15 EStG soll das ab Verkündung des Gesetzes geändert werden, falls das DBA keine eindeutige Zuordnungsregelung trifft. Die beschränkte Steuerpflicht wird entsprechend erweitert (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. f EStG), weil die Arbeit während dieser Zeit ohne die Freistellung in Deutschland ausgeübt worden wäre.

Sachbezugswerte für Mahlzeiten im Jahr 2024 und mehr

Mahlzeiten, die arbeitstäglich unentgeltlich oder verbilligt an Mitarbeitende abgegeben werden, sind mit dem anteiligen amtlichen Sachbezugswert zu bewerten. Ab 2024 gelten geänderte Werte. Zusätzliche Voraussetzungen sind bei Zuschüssen, Essensmarken und der Gestellung von Mahlzeiten auf Auswärtstätigkeiten zu beachten.

Die Sachbezugswerte ab dem Kalenderjahr 2024 sind neu festgesetzt worden. Der Bundesrat hat am 24. November 2023 der 14. Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung zugestimmt. 

Mahlzeiten: Neue Sachbezugswerte

Der Sachbezugswert für Mahlzeiten/Verpflegungen, die ab 2024 gewährt werden, beträgt:

  • für ein Mittag- oder Abendessen 4,13 Euro (statt bisher 3,80 Euro) und 
  • für ein Frühstück 2,17 Euro (statt bisher 2,00 Euro).

Bei Vollverpflegung (Frühstück, Mittag- und Abendessen) sind die Mahlzeiten mit dem Wert von 10,43 Euro anzusetzen. Die Sachbezugswerte können nur angesetzt werden, wenn der Preis der einzelnen Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt (  BMF, Schreiben vom 7. Dezember 2023, IV C 5 – S 2334/19/10010 :005).

Arbeitstägliche Mahlzeiten: unentgeltliche oder verbilligte Mahlzeiten

Die Sachbezugswerte gelten für arbeitstägliche Mahlzeiten, 

  • die durch eine vom Arbeitgeber selbst betriebene Kantine, Gaststätte oder vergleichbare Einrichtung abgegeben werden. 
  • die die Mitarbeitenden in einer nicht selbst betriebenen Einrichtung erhalten, wenn der Arbeitgeber aufgrund vertraglicher Vereinbarung durch Barzuschüsse oder andere Leistungen zur Verbilligung der Mahlzeiten beiträgt.

Ein geldwerter Vorteil ist als Arbeitslohn zu erfassen, wenn und soweit der von den Mitarbeitenden gezahlte Preis (einschließlich Umsatzsteuer) den maßgebenden amtlichen Sachbezugswert unterschreitet. 

Weitere Informationen zum Sachbezugswertansatz bei Arbeitgeberzuschüssen und den in diesen Fällen zu beachtenden Voraussetzungen enthält das BMF-Schreiben vom 18. Januar 2019 (IV C 5 – S 2334/08/10006-01). Lesen Sie dazu auch unsere News „Sachbezugswertansatz für Essenszuschüsse“.

Insbesondere muss in derartigen Fällen sichergestellt sein, dass die Gewährung und Einlösung arbeitstäglich erfolgen. Zudem darf der Zuschuss (oder der Wert von Essensmarken) den amtlichen Sachbezugswert um nicht mehr als 3,10 Euro übersteigen; das sind im Jahr 2023 maximal 6,90 Euro für ein Mittag-/Abendessen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, ist der günstige Mahlzeitenansatz mit dem Sachbezugswert auch möglich, wenn statt Papier-Essensmarken ein vollelektronisches System verwendet wird.

Mahlzeiten auf Auswärtstätigkeiten

Die Sachbezugswerte gelten grundsätzlich auch für Mahlzeiten, die den Mitarbeitenden während einer beruflichen Auswärtstätigkeit zur Verfügung gestellt werden. Die Besteuerung entfällt jedoch, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin für die betreffende Auswärtstätigkeit dem Grunde nach eine Verpflegungspauschale geltend machen könnte. Das ist der Fall bei einer mehr als achtstündigen Abwesenheit sowie bei mehrtägigen Reisen.

Die für den Tag der Auswärtstätigkeit in Betracht kommende Verpflegungspauschale ist wegen der Mahlzeitengestellung des Arbeitgebers in diesen Fällen zwingend zu kürzen: 

  • um 20 Prozent für ein Frühstück und 
  • um jeweils 40 Prozent für ein Mittag- und Abendessen 

der für die 24-stündige Abwesenheit geltenden höchsten Tagespauschale (aktuell 28 Euro; soll ab 2024 auf 32 Euro erhöht werden). In Deutschland sind das im Jahr 2024 6,40 Euro für ein Frühstück (= 20 Prozent von 32 Euro) und 12,80 Euro für ein Mittag-/Abendessen (= 40 Prozent von 32 Euro). 

Bei Auslandsreisen ist die 24-Stunden-Pauschale für Verpflegung für das jeweilige Reiseziel zu kürzen. Einzelheiten enthalten der Erlass zu den Auslandspauschalen (  BMF, Schreiben vom 21. November 2023 – IV C 5 – S 2353/19/10010 :005) und unser Beitrag „Pauschalen für Auslandsreisekosten ab 2024“.

Ein Sachbezugswertansatz kommt im In- und Ausland nur für Mahlzeiten bei eintägigen Auswärtstätigkeiten unter acht Stunden in Betracht.

Nähere Einzelheiten dazu enthält auch das BMF-Schreiben zu den Reisekosten (BMF, Schreiben vom 25. November 2020, IV C 5 – S 2353/19/10011 :006). Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag „Neuer Erlass zu Spesen und Mahlzeitengestellung“.

Was ist eine Mahlzeit?

Eine Mahlzeit, die zur Kürzung der Verpflegungspauschale führt, kann nach Verwaltungsauffassung auch ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Imbiss sein wie z. B. belegte Brötchen, Kuchen und Obst.

Die unter anderem auf Flügen gereichten kleinen Tüten mit Chips, Salzgebäck, Schokowaffeln, Müsliriegeln oder bei anderen Anlässen zur Verfügung gestellte vergleichbare Knabbereien sowie unbelegte Backwaren (BFH Urteil vom 03. Juli 2019 – VI R 36/17) erfüllen hingegen nicht die Kriterien für eine Mahlzeit. Sie führen zu keiner Kürzung der Pauschalen.

Lesen Sie dazu: „Sachbezug: Wann sind Brötchen vom Arbeitgeber ein Frühstück?

Kürzung des Verpflegungsmehraufwands auch bei Nichteinnahme und ohne erste Tätigkeitsstätte

Für die Spesenkürzung bei Mahlzeitengestellung ist es grundsätzlich unerheblich, ob der betroffene Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin die Mahlzeiten, die unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, tatsächlich annimmt. Aus welchen Gründen die Mahlzeit nicht eingenommen wird, ist insoweit unerheblich (BFH, Urteil vom 07. Juli 2020 – VI R 16/18).

Die Rechtsprechung hat entschieden, dass die Verpflegungspauschalen bei Mahlzeitengestellung auf Auswärtstätigkeiten auch dann zu kürzen sind, wenn der oder die Beschäftigte nicht über eine erste Tätigkeitsstätte verfügt (BFH, Urteil vom 12. Juli 2021 – VI R 27/19).

Lesen Sie dazu auch: „Spesenkürzung auch ohne erste Tätigkeitsstätte und bei Nichtverzehr von Mahlzeiten“

Achtung: Großbuchstabe M in Lohnsteuerbescheinigung

Hat der Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung ein Dritter einem oder einer Mitarbeitenden während einer beruflichen Tätigkeit außerhalb der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte oder im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, muss im Lohnkonto zwingend der Großbuchstabe „M“ aufgezeichnet und in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung bescheinigt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob aufgrund der Mahlzeit die Spesen gekürzt oder der Sachbezugswert versteuert wird.

Fristlose Kündigung wegen verspäteter Krankmeldung unwirksam

Eine Arbeitnehmerin, die sich im Krankenhaus in stationärer Behandlung befindet, fehlt bei der Arbeit nicht unentschuldigt. Das hat das LAG Berlin in einem neueren Urteil festgestellt. Die fristlose Kündigung wegen ihrer verspäteten Krankmeldung erklärte das Gericht für unverhältnismäßig.

Beschäftigte müssen ihrem Arbeitgeber ihre Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzeigen. Spätestens am dritten Tag ist ein ärztliches Attest nötig. Dies ergibt sich aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Wenn Arbeitnehmende sich zu spät krankmelden oder kein ärztliches Attest vorlegen können, kann diese Pflichtverletzung unter Umständen eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Zunächst ist in den meisten Fällen jedoch eine entsprechende Abmahnung als milderes Mittel erforderlich. Insbesondere, wenn eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Krankenhausaufenthalts verspätet eingereicht wird, ist eine fristlose Kündigung unverhältnismäßig, entschied im vorliegenden Fall das LAG Berlin.  

Der Fall: Kündigung wegen fehlender AU-Bescheinigung

Die Arbeitnehmerin ist seit 2019 bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. In der Zeit vom 1. bis 17. Juli 2020 nahm sie ihren Jahresurlaub. Als sie am Montag danach, ihrem vermeintlich ersten Arbeitstag nach dem Urlaub, nicht am Arbeitsplatz erschien, keine Krankmeldung einreichte und weder per Mail noch telefonisch erreichbar war, wandte sich der Arbeitgeber am 4. August 2020 schriftlich an sie, um zu erfahren, wo sie sich befindet.

Tatsächlich erkrankte die Arbeitnehmerin am Tag nach ihrem Urlaub, einem Samstag, und wurde stationär in einem Krankenhaus aufgenommen. Der stationäre Aufenthalt dauerte insgesamt bis zum 18. September 2020.

Ob der Arbeitgeber über den Krankenhausaufenthalt durch eine Freundin der Arbeitnehmerin sowie durch ihre Tochter informiert wurde, blieb zwischen den Parteien streitig. Unstreitig Kenntnis von der stationären Behandlung der Arbeitnehmerin bekam der Arbeitgeber jedenfalls durch eine E-Mail des Sozialdienstes des Krankenhauses am 10. August 2020, in dem dieser dem Arbeitgeber die seit dem 18. Juli 2020 bestehende Arbeitsunfähigkeit mitteilte. Einen Tag später kündigte der Arbeitgeber ihr außerordentlich. Für die Monate Juli und August 2020 zahlte er keine Vergütung.

Arbeitnehmerin reicht Kündigungsschutzklage ein

Die Arbeitnehmerin wehrte sich mit Erfolg gegen diese Kündigung. Das LAG Berlin entschied, dass die fristlose Kündigung unverhältnismäßig und damit unwirksam war. Spätestens am 10. August 2020 sei der Arbeitgeber über die bestehende und fortdauernde Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin informiert gewesen. Daher habe zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung kein Verstoß mehr gegen die Anzeigepflicht einer Arbeitsunfähigkeit nach dem Entgeltfortzahlungsgesetzt bestanden.

Das Gericht wies darauf hin, dass die Arbeitnehmerin keine Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt habe. Wer in stationärer Behandlung sei, sei arbeitsunfähig und fehle nicht unentschuldigt, egal ob er diese Arbeitsunfähigkeit anzeigt oder nachweist.

Abmahnung vor Kündigung

Wenn überhaupt, habe die Arbeitnehmerin also keine gravierende Pflichtverletzung begangen sondern lediglich eine Nebenpflicht, nämlich die Pflicht, ihre krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen und per Attest nachzuweisen, verletzt. Nach Auffassung des Gerichts sei hier eine vorherige Abmahnung das richtige Mittel der Wahl gewesen.

Hinweis: LAG Berlin, Urteil vom 13. Juli 2023, Az. 10 Sa 625/23; Vorinstanz, Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 24. November 2022, Az. 27 Ca 10980/20 

Unbedenklichkeitsbescheinigung wird ab 2024 digitalisier

Die Unbedenklichkeitsbescheinigung (UBB) ist von Arbeitgebern ab dem 1. Januar 2024 elektronisch zu beantragen. Das bisherige zumeist papiergestützte Verfahren endet zum 31. Dezember 2023.

Die Digitalisierung im Melde- und Beitragsverfahren in der Sozialversicherung geht zügig voran. Mit dem 8. SGB IV-Änderungsgesetz hat der Gesetzgeber den Grundstein für weitere Maßnahmen gelegt wie beispielsweise die Einführung des elektronischen Antrags- und Ausstellungsverfahren von Unbedenklichkeitsbescheinigungen. Der GKV-Spitzenverband ist dem gesetzlichen Auftrag gefolgt und hat entsprechende Grundsätze verabschiedet. 

Unbedenklichkeitsbescheinigung: gesetzliche Vorgabe

Arbeitgeber, insbesondere Nachunternehmer oder die beauftragten Verleiher, haben die Unbedenklichkeitsbescheinigungen (UBB) elektronisch bei den betroffenen Einzugsstellen mit einem einheitlichen Datensatz aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm oder einer Ausfüllhilfe zu beantragen. Die Einzugsstellen melden die Unbedenklichkeitsbescheinigungen unverzüglich elektronisch an den antragstellenden Unternehmer zurück (§ 108b Satz 1 und 2 SGB IV). 

Gemeinsame Grundsätze für Arbeitgeber und Einzugsstellen

Die „Grundsätze zur elektronischen Beantragung und Ausstellung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Einzugsstellen nach § 108b SGB IV“ vom 1. Juni 2023 in der ab 1. Januar 2024 geltenden Fassung regeln das Verfahren zwischen den Arbeitgebern und den Einzugsstellen. Sie sind, nach vorheriger Anhörung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im September 2023 genehmigt worden.

Beantragung der Unbedenklichkeitsbescheinigung

Die Unbedenklichkeitsbescheinigung wird von Arbeitgebern für ihr Unternehmen elektronisch bei der zuständigen Einzugsstelle mit einem Datensatz aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm oder einer Ausfüllhilfe beantragt. Der elektronische Antrag kann auch durch einen vom Arbeitgeber Bevollmächtigten (z. B. Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer) oder einen für diese Zwecke bevollmächtigten sonstigen Dienstleister gestellt werden. Allerdings hat der Bevollmächtigte auf Verlangen der Einzugsstelle seine Vollmacht nachzuweisen. Sonstige Dienstleister haben ihre Bevollmächtigung stets bei einer Bevollmächtigung auf Widerruf bei der ersten Antragstellung nachzuweisen. Das elektronische Verfahren sieht für diesen Nachweis ein gesondertes Datenfeld vor, mit dem ein entsprechendes PDF-Dokument übermittelt werden kann.

Zuständige Einzugsstelle 

Bei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen ist die Krankenkasse zuständige Einzugsstelle, an die der Gesamtsozialversicherungsbeitrag für den jeweiligen Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zu zahlen ist. Werden Gesamtsozialversicherungsbeiträge an mehrere Einzugsstellen gezahlt, ist die UBB bei Bedarf bei jeder beteiligten Einzugsstelle zu beantragen. Für geringfügig Beschäftigte ist immer die Minijob-Zentrale die zuständige Einzugsstelle.

Einmalige Unbedenklichkeitsbescheinigung oder Abonnentenmodell

Es obliegt dem Antragsteller, ob die UBB einmalig oder im Abonnentenmodell ausgestellt werden soll. Bei Wahl des Abonnentenmodells wird die UBB automatisiert ohne erneuten Antrag in einem bestimmten Turnus ausgestellt. Zur Auswahl stehen dabei eine monatliche, vierteljährliche oder halbjährliche Ausstellung. Das Abonnement kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.

Hinweis: Ein vor dem 1. Januar 2024 bereits bestehendes Abonnement ist mit Beginn des
elektronischen Verfahrens neu zu beantragen.

Voraussetzung für die Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung

Die Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung setzt voraus, dass der Arbeitgeber die gegenüber der Einzugsstelle obliegenden Beitragsnachweis- und Zahlungspflichten rechtzeitig und vollständig erfüllt hat. Dazu sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung und für einen Zeitraum von in der Regel sechs Monaten zuvor maßgebend. Hierbei wird zwischen einer qualifizierten und einer einfachen UBB unterschieden.

Qualifizierte oder einfache Unbedenklichkeitsbescheinigung

Eine qualifizierte UBB wird von der Einzugsstelle dann ausgestellt, wenn die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen in den letzten sechs Monaten rechtzeitig nachgewiesen und gezahlt worden sind und aktuell im Zeitpunkt der Antragstellung keine Beitragsrückstände bestehen.

Bestehen aktuell zwar keine Beitragsrückstände, sind aber die Beitragsnachweis- oder Zahlungspflichten in den letzten sechs Monaten unregelmäßig erfüllt worden, ist die UBB in eingeschränkter Form, also als einfache UBB auszustellen. Hierüber entscheidet die jeweilige Einzugsstelle im Rahmen des ihr eingeräumten (pflichtgemäßen) Ermessens. Werden die Voraussetzungen für eine UBB nicht erfüllt, lehnt die Einzugsstelle die Ausstellung der UBB ab und kennzeichnet das im Datensatz an den Antragsteller entsprechend. 

Wichtig: Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist keine Bestätigung über die Richtigkeit der Beitragszahlungen.

Unbedenklichkeitsbescheinigung in englischer Sprache

Die UBB kann zusätzlich in englischer Sprache ausgestellt werden, wenn dies beantragt wird. Sie wird dann in Papierform zur Verfügung gestellt. Die elektronische Ausstellung der UBB in deutscher Sprache bleibt davon unberührt. 

Aufwendungen für eine neue Einbauküche müssen abgeschrieben werden

Steuerliche Abziehbarkeit der Aufwendungen für die Erneuerung einer Einbauküche: Hinsichtlich des Werbungskostenabzugs bei vermieteten Immobilien gibt es häufig Streit mit der Finanzverwaltung. Lesen Sie hier,  wie eine neue Einbauküche steuerlich berücksichtigt werden kann.

Der Hintergrund der Entscheidung liegt auf der Hand: Wirtschaftsgüter, die einen bestimmten Wert an Anschaffungs- oder Herstellungskosten überschreiten, sind über ihre betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Bei der Nutzungsdauer orientiert man sich gewöhnlicherweise an den AfA-Tabellen der Finanzverwaltung, um Diskussionen aus dem Weg zu gehen. Handelt es sich um sog. Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG), kann eine Abschreibung in einem Jahr erfolgen. Die Grenze für GWG liegt derzeit noch bei 800 EUR soll aber durch das Wachstumschancengesetz zum 1.1.2024 auf 1.000 EUR angehoben werden. Da die einzelnen Wirtschaftsgüter eine sehr unterschiedliche Nutzungsdauer laut Finanzverwaltung haben, ist es aus Sicht der Steuerpflichtigen regelmäßig von Interesse, mehrere Wirtschaftsgüter statt eines langlebigen zu erfassen. So werden z. B. bei einer Einbauküche 10 Jahre angesetzt, die Nutzungsdauer einzelner Elemente dürfte jedoch kürzer sein.

Mit dem Urteil aus dem Jahr 2016 (BFH, Urteil v. 3.8.2016, IX R 14/15) hat der BFH allerdings dann entschieden: Die Aufwendungen für die vollständige Erneuerung einer Einbauküche in einer vermieteten Wohnung sind

  • nicht als Werbungskosten sofort abzugsfähig,
  • sondern über 10 Jahre abzuschreiben.

Es handelt sich insofern um eine teilweise Änderung der Rechtsprechung.

Praxis-Hinweis: Eine Einbauküche ist als Wirtschaftsgut einheitlich abzuschreiben

Das Urteil des BFH führt zu einer teilweisen Änderung der Rechtsprechung, auf die sich betroffene Steuerpflichtige zukünftig einzustellen haben. Dabei ist es sicherlich als zutreffend anzusehen, dass die Einbauküche i. d. R. als ein Wirtschaftsgut anzusehen und auch einheitlich abzuschreiben ist. Dies gilt entgegen der früheren Rechtsauffassung auch für eine Spüle und einen Herd. Diese in Teilbereichen geänderte Auffassung kann zwar für den Steuerpflichtigen im Einzelfall nachteilig sein, da Aufwendungen über die Nutzungsdauer aufzuteilen sind und nicht – zumindest teilweise – sofort geltend gemacht werden können. Andererseits erleichtert die Behandlung als ein Wirtschaftsgut auch die Handhabung in der Praxis.

Für 3 Einbauküchen wurde der Werbungskostenabzug beantragt – Einspruch blieb erfolglos

Die Kläger waren Eheleute, die die Aufwendungen für die Erneuerung von Einbauküchen in 3 von ihnen vermieteten Wohnungen als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machten. Das Finanzamt setzte hingegen eine Nutzungsdauer von 10 Jahren für die neuen Einbauküchen fest und berücksichtigte nur die anteiligen Abschreibungen des Anschaffungsjahres. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Dieser hatte im Wesentlichen ebenso wie die anschließend erhobene Anfechtungsklage keinen Erfolg.

Geänderte Verkehrsauffassung bewirkt nur anteiligen steuerlichen Abzug durch die Abschreibung über 10 Jahre

Auch die Revision der Kläger wurde als unbegründet zurückgewiesen. Entgegen der Auffassung der Kläger seien die Aufwendungen für die komplette Erneuerung der Einbauküchen nicht als Erhaltungsaufwand sofort abziehbar. In der Vergangenheit habe der BFH zwar für einige Einrichtungsgegenstände in einer Einbauküche eine andere Auffassung vertreten, dies sei aber aufgrund der geänderten Verkehrsauffassung von dem, was ein wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes sei, nicht mehr aufrechtzuerhalten. Nur wenn Gebäudebestandteile erneuert werden, käme eine sofortige Abzugsfähigkeit in Betracht.

Insbesondere Küchenspülen, Arbeitsplatten oder Elektrogeräte seien heute nicht mehr als Gebäudebestandteile anzusehen, sondern als Bestandteile eines einzelnen Wirtschaftsgutes (Einbauküche), welches über einen Zeitraum von regelmäßig 10 Jahren abzuschreiben sei.

Grenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter

Die Grenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG-Grenzen) wurden zuletzt im Jahr 2018 erhöht und gelten auch im Jahr 2023 unverändert weiter. Eine Anhebung der Werte ist für 2024 vorgesehen.

Grundsätzlich sind erworbene Wirtschaftsgüter, im Handelsrecht spricht man von Vermögensgegenständen, mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG) und – sofern es sich um abnutzbare Wirtschaftsgüter handelt – über den Zeitraum der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer abzuschreiben (§ 7 Abs. 1 EStG). Das Steuerrecht kennt hiervon allerdings eine Ausnahme für Wirtschaftsgüter von geringem Wert, die zu einer selbständigen Nutzung fähig sind, sog. „Geringwertige Wirtschaftsgüter“.

GWG 2023: Neuerungen im Jahr 2018 – seither unverändert

Seit 1.1.2018 gibt es folgende Anhebung der langjährigen GWG-Grenzen:

  • Der Grenzwert für geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG beträgt 800 EUR (bis dahin 410 EUR). Bei der Aufzeichnungsflicht nach § 6 Abs. 2 Satz 4 EStG gilt die Grenze von 250 EUR (bis dahin 150 EUR). Die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als GWG blieben unverändert.
  • Für die Alternative des Sammelpostens nach § 6 Abs. 2a Satz 1 EStG beträgt der untere Grenzwert 250 EUR (bis dahin 150 EUR), der obere Wert von 1.000 EUR bleibt unverändert. Unverändert blieben die übrigen Voraussetzungen und Folgen der Bildung des Sammelposten.
  • Zudem können gemäß § 6 Abs. 2a Satz 4 EStG Wirtschaftsgüter, die einer selbstständigen Nutzung fähig sind, bei einem Wert von 250 EUR (bis dahin 150 EUR) in voller Höhe im Jahr der Anschaffung oder Herstellung als Betriebsausgaben abgezogen werden.

GWG Sammelposten 2023

Bei der Bildung des GWG Sammelposten im Jahr 2023 sind die Wertgrenzen ebenfalls zu beachten.

Relevante Werte vor der Erhöhung: 150 EUR und 410 EUR

Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG können Wirtschaftsgüter von geringem Wert, die zu einer selbständigen Nutzung fähig sind, im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abgezogen werden. Sie müssen also nicht über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Die Wertgrenze lag viele Jahre bei 410 EUR. Lag der Wert über einer Grenze von (bis 2017) 150 EUR sind die Wirtschaftsgüter allerdings nach § 6 Abs. 2 Satz 4 EStG in einem gesonderten Verzeichnis zu erfassen. Alternativ konnte nach § 6 Abs. 2a EStG bei Wirtschaftsgütern zwischen 150 EUR und 1.000 EUR ein Sammelposten für das Jahr gebildet werden, der dann über einen Zeitraum von 5 Jahren abgeschrieben werden kann. Wirtschaftsgüter bis 150 EUR konnten sofort als Betriebsausgabe behandelt werden. Diese Rechtslage gilt bis einschließlich 2017.

GWG: Anpassung der Werte ab 2024

Der Entwurf des Wachstumschancengesetzes, das sich aktuell im Gesetzgebungsverfahren befindet, sieht vor, dass für Anschaffungen oder Herstellungen ab 1.1.2024 die Werte angehoben werden. Vorgesehen ist, dass der Wert von  800 EUR auf 1.000 EUR erhöht wird. Die Grenze für den Sammelposten in § 6 Abs. 2a EStG soll von 1.000 EUR auf 5.000 EUR angepasst werden, die Abschreibung dann in 3 statt wie bisher 5 Jahren erfolgen.