Neue Lohnsteuertabellen und Programmablaufpläne ab 2024

Die Programmablaufpläne für die maschinelle Berechnung und Erstellung der Lohnsteuertabellen für den Lohnsteuerabzug 2023 wurden mehrfach geändert. Für 2024 liegt ein Programmablaufplan vor, es ist aber bereits jetzt sicher, dass es erneut zu Korrekturen kommen wird.

Zur Abmilderung der Inflation und zur Bekämpfung der sogenannten Kalten Progression kommt es nahezu jährlich zu kleinen Entlastungen beim Lohnsteuertarif – so auch in den Jahren 2023 und 2024. Daraus und vor allem aus geänderten Beitragssätzen in der Sozialversicherung resultieren in mindestens jährlichem Abstand neue Lohnsteuertabellen und Programmablaufpläne.

Lohnprogramme in der ersten Jahreshälfte 2023

Für 2023 war insbesondere die Anhebung des steuerfreien Grundfreibetrags auf 10.908 Euro bereits in den mit Datum vom 18. November 2022 veröffentlichten (Az. IV C 5 – S 2361/19/10008 :006) Lohnsteuertabellen und Lohnsteuerprogrammen enthalten.

Zusätzlich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ab dem 1. Januar 2023 von 1.200 Euro auf 1.230 Euro und der in der Steuerklasse II eingebaute Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 4.008 Euro auf 4.260 Euro angehoben worden. Die Anhebung dieser Beträge war noch nicht in den im November 2022 bekannt gegebenen Programmablaufplänen enthalten, musste aber ebenfalls Berücksichtigung beim Lohnsteuerabzug finden.

Mit Datum vom 13. Februar 2023 hatte die Verwaltung deshalb erstmals geänderte Programmablaufpläne für 2023 bekannt gemacht (IV C 5 – S 2361/19/10008 :008), die ab dem 1. April 2023 anzuwenden waren. Der in den ersten Monaten des Jahres 2023 vorgenommene Lohnsteuerabzug war vom Arbeitgeber nach Inkrafttreten der neuen Tabellen zu korrigieren (§ 41c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 EStG).

Änderung bei der Pflegeversicherung: Neue Programme ab Juli 2023

Im Juni hat das BMF erneut geänderte Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug ab dem 1. Juli 2023 veröffentlicht (  BMF,  Schreiben v. 19. Juni 2023 – IV C 5-S 2361/19/10008:009). Die geänderten Programmablaufpläne berücksichtigen die Anhebung des Beitragssatzes zur sozialen Pflegeversicherung zum 1. Juli 2023 um 0,35 Prozentpunkte auf 3,40 Prozent durch das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG). Der Programmablaufplan für die maschinelle Lohnsteuerberechnung berücksichtigt zudem die Anhebung des Kinderlosenzuschlags um 0,25 Prozentpunkte auf 0,6 Prozent.

Beim Lohnzahlungszeitraum Jahr berücksichtigen die Programmablaufpläne eine Anhebung des Beitragssatzes zur sozialen Pflegeversicherung um 0,175 Prozentpunkte auf 3,225 Prozent; der Programmablaufplan für die maschinelle Lohnsteuerberechnung berücksichtigt zudem die Anhebung des Kinderlosenzuschlags um 0,125 Prozentpunkte auf 0,475 Prozent. So kann auch bei unterschiedlichen Beitragssätzen im ersten und zweiten Halbjahr 2023 ein Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber (§ 42b EStG) mit zutreffenden bzw. annähernd zutreffenden Ergebnissen durchgeführt werden.

Wichtig: Ab Mitte 2023 ist der Pflegebeitrag für größere Familien für die Dauer der Erziehungsphase bis zum 25. Geburtstag des jeweiligen Kindes gesenkt worden – und zwar schrittweise je Kind. Einzelheiten dazu lesen Sie in unserem Beitrag zur Sozialversicherung. Beim Lohnsteuerabzug in der zweiten Jahreshälfte 2023 bleibt der Abschlag in der sozialen Pflegeversicherung ab dem zweiten bis zum fünften Kind jedoch noch unberücksichtigt. Das soll Unsicherheiten bei der Berechnung bzw. Ermittlung der Lohnsteuer vermeiden, wenn den Arbeitgebern keine Informationen zu den in der sozialen Pflegeversicherung zu berücksichtigenden Kindern vorliegen. Deren Zahl kann nämlich von den „steuerlichen“ Kindern abweichen.

Änderung bei Lohnsteuertarif und Beitragsgrenzen: Neue Programme ab 2024

Mit Datum vom 3. November 2023 hat das BMF den Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlags und der Maßstabsteuer für die Kirchenlohnsteuer für 2024 bekannt gemacht (§ 39b Absatz 6 EStG). Der Programmablaufplan für 2024 berücksichtigt die Anpassungen des Einkommensteuertarifs und des Kinderfreibetrags durch das beschlossene Inflationsausgleichsgesetz sowie die geplanten Beitragsbemessungsgrenzen für 2024.

Dazu gehören die Anhebung des sogenannten Grundfreibetrags auf 11.604 Euro und des Kinderfreibetrags auf 4.656 Euro bzw. 9.312 Euro sowie der Freigrenze beim Solidaritätszuschlag. Angenommen wird zudem, dass in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung die Beitragsbemessungsgrenze im Jahr 2024 62.100 Euro und in der Rentenversicherung die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze (BBG West) 90.600 Euro sowie die Beitragsbemessungsgrenze Ost (BBG Ost) 89.400 Euro beträgt.

Der Programmablaufplan berücksichtigt ausdrücklich noch nicht die geplanten Änderungen durch das sogenannte Wachstumschancengesetz. Dazu gehören unter anderem Änderungen bei Versorgungsbezügen und bei der Besteuerung von Abfindungen oder Jubiläumszuwendungen. Einzelheiten dazu lesen Sie in unserer News zum Wachstumschancengesetz.

Bereits jetzt hat das BMF angekündigt, dass Anfang 2024 – nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zum Wachstumschancengesetz – ein nochmals geänderter Programmablaufplan für die maschinelle Lohnsteuerberechnung mit weiteren Einzelheiten zur Korrektur des Lohnsteuerabzugs bekannt gemacht wird. Damit ist es nahezu sicher, dass es auch 2024 zu nachträglichen Korrekturen des Lohnsteuerabzugs aufgrund geänderter Tabellen und Programme kommen wird.

Hinweis: Bis zur Bekanntmachung eines Programmablaufplans für die Erstellung von Lohnsteuertabellen für 2024 zur manuellen Berechnung der Lohnsteuer gilt folgende Übergangsregelung:Arbeitgeber, die die Lohnsteuer manuell ermitteln, können für einen Übergangszeitraum die Lohnsteuer auch auf Grundlage von Lohnsteuertabellen für 2023 (Bekanntmachung vom 19. Juni 2023, BStBl I Seite 1014, Anlage 2) ermitteln, wenn der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich widerspricht. Der Programmablaufplan für die Erstellung von Lohnsteuertabellen für 2024 zur manuellen Berechnung der Lohnsteuer (einschließlich der Berechnung des Solidaritätszuschlags und der Bemessungsgrundlage für die Kirchenlohnsteuer) wird Anfang 2024 zusammen mit dem geänderten Programmablaufplan für die maschinelle Lohnsteuerberechnung bekannt gemacht.

Lohnsteuerabzug: So erfolgt die Korrektur

Der in den Monaten bis zur Anwendung der endgültigen Programmablaufpläne vorgenommene Lohnsteuerabzug ist vom Arbeitgeber nach Inkrafttreten der neuen Tabellen zu korrigieren, wenn ihm dies – was die Regel ist – wirtschaftlich zumutbar ist (§ 41c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 EStG). Die Art und Weise der Neuberechnung ist jedoch nicht zwingend festgelegt. Sie kann erfolgen

  • durch eine Neuberechnung zurückliegender Lohnzahlungszeiträume,
  • durch eine Differenzberechnung für diese Lohnzahlungszeiträume oder
  • durch eine Erstattung im Rahmen der Berechnung der Lohnsteuer für einen demnächst fälligen sonstigen Bezug.

Eine Verpflichtung zur Neuberechnung besteht zum Beispiel nicht, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber keinen Arbeitslohn mehr bezieht oder die Lohnsteuerbescheinigung bereits übermittelt oder ausgeschrieben wurde (§ 41c Abs. 3 EStG).

Hinweis: Die rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs hat keine Auswirkungen auf einen Faktor für das Ehegattenfaktorverfahren (§ 39f EStG). Dieser gilt weiter (vgl. § 39f Absatz 1 Satz 9 EStG). Gleiches gilt für einen ermittelten Freibetrag (§ 39a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und 4a bis 8 sowie Satz 3 EStG).

Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro

Das Kabinett hat am 15. November 2023 die „Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung“ beschlossen. Damit steht fest, dass der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro erhöht wird. Zum Januar 2025 soll eine nächste Anpassung um weitere 41 Cent auf 12,82 Euro erfolgen.

Der gesetzliche Mindestlohn steigt mit Wirkung zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro. Eine weitere Erhöhung ist für das darauffolgende Jahr vorgesehen: Zum 1. Januar 2025 soll sich der Mindestlohn auf 12,82 Euro erhöhen.

Nachdem der Mindestlohn zuletzt zum 1. Oktober 2022 in einem einmaligen Schritt per Gesetz auf 12 Euro angehoben wurde, war jetzt wieder die Mindestlohnkommission für die Anpassung des Mindestlohns zuständig. Den Vorschlag, den sie am 26. Juni 2023 bekannt gegeben hat, hat die Bundesregierung nun durch die Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung, die zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll, rechtlich verbindlich gemacht.

Vorige Mindestlohnanhebung zum 1. Oktober 2022

In Deutschland gilt seit dem 1. Oktober 2022 ein gesetzlicher Mindestlohn von 12 Euro pro Arbeitsstunde. Der Deutsche Bundestag hatte das Mindestlohnerhöhungsgesetz mit Zustimmung des Bundesrats beschlossen; es wurde zum 30. Juni 2022 verkündet. Gleichzeitig wurde der Minijob mit seiner bisher geltenden 450-Euro-Grenze an den Mindestlohn angepasst. Damit wurde er zum 520-Euro-Job. (Lesen Sie dazu: Änderungen bei Minijobs und Midijobs). Den entsprechenden Gesetzentwurf hatte der Deutsche Bundestag am 3. Juni 2022 verabschiedet; der Bundesrat stimmte dem Gesetz eine Woche später zu.

Download-Tipp: Checkliste Mindestlohn, Minijob, MidijobZum 1. Januar 2024 gibt es Anpassungen beim Mindestlohn wie auch bei der Geringfügigkeitsgrenze und der Untergrenze von Midijobs. Diese kostenlose Checkliste von Haufe zeigt, was Sie bei der Umsetzung in der Entgeltabrechnung beachten müssen.  Hier geht es zum Download.

Einmalige Mindestlohn-Erhöhung durch Gesetz

Mit dem Gesetz wurde die im Koalitionsvertrag der Ampelparteien vereinbarte einmalige gesetzliche Erhöhung des Mindestlohns auf brutto 12 Euro je Zeitstunde umgesetzt. SPD und Grüne erfüllten damit ihr Wahlversprechen. Die Mindestlohnhöhe von 12 Euro entsprach ungefähr 60 Prozent des Medianlohns in Deutschland – eine Richtgröße, die von der EU-Kommission als Orientierung für einen angemessenen Mindestlohn empfohlen wird. Der gesetzliche Mindestlohn, der zum 1. Januar 2015 mit 8,50 Euro brutto die Stunde eingeführt wurde, betrug Ende 2021 9,60 Euro und wurde zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro angehoben. Mit der gesetzlichen Anhebung zum Oktober 2022 erhöhte sich der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland damit innerhalb eines Jahres um 22 Prozent.

Üblicherweise entscheidet die Mindestlohnkommission

Über die Anhebung des Mindestlohnes entscheidet üblicherweise die eigens dafür eingerichtete unabhängige Mindestlohnkommission. Sie soll frei von politischer Einflussnahme entscheiden und legt die Höhe alle zwei Jahre neu fest. Außer dem Vorsitzenden gehören dem Gremium je drei Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeber sowie zwei beratende Wissenschaftler an. Bei ihrer Empfehlung für die Mindestlohnhöhe orientiert sich die Mindestlohnkommission an der Tarifentwicklung. Auch die nächsten Erhöhungen mit Wirkung zum 1. Januar 2024 und 1. Januar 2025 lagen wieder in ihrer Hand. Der Vorschlag wurde jetzt von der Regierung durch die Verordnung verbindlich festgelegt.

Mindestlohn gilt für alle – mit wenigen Ausnahmen

Der gesetzliche Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle volljährigen Arbeitnehmenden. Nur für wenige Ausnahmen gilt der Mindestlohn nicht. So haben Langzeitarbeitslose nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten keinen Mindestlohnanspruch. Auch für Azubis gilt er nicht, für diese gibt es die Azubi Mindestausbildungsvergütung. Auch wer ein Pflichtpraktikum oder freiwillige Praktika unter drei Monaten absolviert, kann keinen Mindestlohn beanspruchen. Daneben gibt es in mehreren Branchen tarifliche Mindestlöhne, die über der gesetzlichen Lohnuntergrenze liegen.